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 - Universität Hamburg - Fachbereich Biologie - Institut für Allgemeine Botanik

Porine


Durch Anklicken der Kästchen werden in den Abbildungen die besprochenen Eigenschaften hervorgehoben. Mit der Maus können die Darstellungen weiter manipuliert werden.

Gram-negative Bakterien sind durch ihren Zellwandaufbau charakterisiert: Die Zytoplasmamembran schließt das Zellinnere gegen die Außenwelt ab, das darum liegende Mureinnetzwerk gibt der Zelle mechanische Stabilität und Form. Eine weitere, äußere Membran umgibt die Zelle, wobei nur wenige Kontaktstellen zur Zytoplasmamembran existieren. Der Zwischenraum heißt Periplasma; in ihm laufen einige Stoffwechselreaktionen ab, die im Zellinneren nachteilige Folgen für den Gesamtstoffwechsel hätten - wie etwa Umsetzungen mit toxischen Substanzen. Der Stoffaustausch zwischen Periplasma und Cytoplasma wird durch hochspezifische Transportsysteme geregelt. Der Austausch zwischen Periplasma und Umwelt erfolgt über Porine. Hier kann man unspezifische Porine von gruppenspezifischen unterscheiden.

Die Expression von Porinen ist geregelt (der Gesamtproteingehalt der äußeren Membran ist konstant). In Escherichia coli überwiegt in Medien mit niedrigem osmotischen Druck das unspezifische Porin (outer membrane protein) OmpF, während bei höherer Osmolarität OmpC stärker in die Membran eingebaut wird. Bei Phosphatmangel wird PhoE induziert. Porine mit Gruppenspezifität sind z.B. LamB (Zucker) und Tsx (Nucleoside).

OmpF-Pore aus Escherichia coli
Anfangsbild

Allgemeines und generelle Porine:

Das Konstruktionsprinzip der Porine ist unabhängig vom Typ gleich: Eine Kette von 300 bis 420 Aminosäuren ist zu einem 16- oder 18-strängigen antiparallelen beta-Faß gefaltet (als Beispiel hier das unspezifische OmpF-Porin) . Die Wand der Pore ist damit nur eine Aminosäure stark. Auf der dem Periplasma zugewandten Seite des Fasses sind die beta-Stränge nur durch kurze Schlaufen oder Turns miteinander verbunden (im Bild unten). Auf der vom Bakterium nach außen gewandten Seite sind die Schlaufen größer und variabel. Der Schlaufe, die die beta-Stränge 5 und 6 verbindet, kommt eine besondere Bedeutung zu: sie ist nach innen in das Faß gefaltet und bildet dort eine Engstelle . An der Engstelle befinden sich einige ionisierbare Aminosäuren . Hier werden die Durchlaßeigenschaften der Poren festgelegt.
Dieses Baumuster findet sich auch in anderen unspezifischen Porinen, obwohl es keine Sequenzhomologien gibt. In den unteren Bildern ist die Anfangsblickrichtung jeweils vom Periplasma zur Außenwelt. Mit der Maus können die Poren bewegt werden!
   
Porin aus Rhodobacter capsulatus
Anfangsbild
Porin aus Rhodpseudomonas blastica
Anfangsbild
PhoE aus Escherichia coli
Anfangsbild

 

OmpF-Porin in der Membran von Escherichia coli
wenn es völlig verdreht ist: Anfangsbild

Quartärstruktur:

In der äußeren Bakterienmembran sind die Porine als Trimer angeordnet. Amino- und Carboxytermini der Aminosäurekette liegen dabei in Richtung der dreizähligen Symmetrieachse. Charakteristisch für die Trimere sind zwei Gürtel aus nach außen weisenden aromatischen Aminosäuren entlang der Peripherie zur Membran (grün hervorgehobene Aminosäuren an der Außenseite der äußeren Membran, blau an der dem Periplasma zugewandten Seite). Dazwischen enthält die äußere Oberfläche der Fässer hauptsächlich hydrophobe Aminosäuren. Die Gürtel haben einen Abstand von ca. 25 Å voneinander, was etwa der Dicke der äußeren Membran der Bakterien entspricht.
Die die beta-Stränge verbindenden Schlaufen engen die Eintrittsöffnung der Poren auf der Außenwelt-Seite ein, indem sie die Öffnung partiell überdecken. Eine Schlaufe ist jedoch so angeordnet, daß sie bis an die Öffnung einer Nachbarpore reicht . Durch diese Überlappung wird die Quartärstruktur stabilisiert.

Funktion:

Porine sind Röhren von ca. 1 nm Durchmesser, die mit Wasser gefüllt sind. Durch die unspezifischen Porine können Ionen und Moleküle bis zu einem Molekulargewicht von etwa 600 diffundieren. Die Diffusionsgeschwindigkeit ist sowohl von der Konzentrationsdifferenz zwischen Periplasma und außen als auch vom Molekulargewicht abhängig.

Der Durchtritt von Ionen kann elektrisch geregelt werden. Wenn (in vitro) eine Spannung von + oder - 100mV angelegt wird, ist der Kanal für Ionen geschlossen (voltage gating). Dieses Phänomen wurde auch bei einer anderen beta-Faß-Porenklasse, den Toxinen, gefunden. Durch Mutationsexperimente konnte eine Bewegung der den Kanal verengenden Schlaufe ausgeschlossen werden. Wahrscheinlicher sind Änderungen der elektrostatischen Verhältnisse an der Innenseite des Kanals. Die Bedeutung dieser Schaltfunktion für die in vivo-Funktion der Porine ist nicht geklärt.


Zuckerselektive Porine

Maltodextrine sind Abbauprodukte von Stärke. Für diese alpha-1-4-verbundenen Polyglucosemoleküle gibt es bis zu einer Kettenlänge von sieben Resten als Eintrittssystem in das Periplasma das Maltoporin. Dieses Protein wurde ursprünglich als Rezeptor für den Coliphagen Lambda identifiziert und deshalb LamB genannt. Es wird zusammen mit anderen für den Maltosemetabolismus nötigen Enzymen induziert, u.a. auch ein im Periplasma lokalisiertes Bindeprotein für den Transport von Maltose durch die Cytoplasmamembran. LamB läßt außer Maltodextrinen auch eine Reihe von Monosacchariden (zum Teil schneller als Maltose) diffundieren, andere Disaccharide als Maltose und Trehalose jedoch langsamer (Lactose, Sucrose).

LamB-Pore aus Escherichia coli
Anfangsbild

Die Faßstruktur der zuckerselektiven Porine wird aus 18 antiparallel angeordneten beta-Strängen gebildet . Bei LamB ragen drei Verbindungsschlaufen in das Lumen des Fasses . In der raumfüllenden Darstellung ist zu erkennen, daß dieser Kanal an der Engstelle weniger Platz bietet als die generellen Porine (Öffnung ca. 7 Å x 10 Å). Das macht sich z.B. bei der Ionenleitfähigkeit bemerkbar: LamB hat eine Leitfähigkeit von nur 0,15 nS gegenüber 0,8 nS bei OmpF. Der Zucker (hier Maltotriose) füllt den Raum vollständig aus.

Worauf beruht die Zuckerselektivität dieser Poren? Die Röntgenstrukturanalyse des Proteinkristalls mit gebundenem Zucker zeigt eine Momentaufnahme des Diffusionsvorganges in dem Augenblick, in dem das Maltodextrin (hier trimere Glucose) die Engstelle passiert. Daraus können die Wechselwirkungen zwischen Protein und Zucker im Erkennungsmoment abgelesen werden. Die Innenseite des Kanals enthält in helicaler Anordnung eine Reihe von aromatischen Aminosäuren, die eine "fettige Rutschbahn" bilden . Gegenüber liegt in der Konstriktionsschlaufe ein Tyrosin . Dieses sorgt dafür, daß nur flache Zucker, wie die aus Glucose aufgebauten Maltodextrine, den Kanal passieren können. Das "oberste" Tryptophan stammt aus der überlappenden Schlaufe einer Nachbarpore. Das Zuckermolekül hat zu diesen Aminosäuren apolare van der Waals-Kontakte . Neben dieser Rutschbahn gibt es eine Reihe von Aminosäuren, die über Wasserstoffbrücken die Lage der Hydroxylgruppen des Zuckers abtasten (wenn jetzt das Raumgefühl verloren ist: selber mit der Maus drehen!). In der Gesamtansicht sind zu sehen: die aromatische Rutsche (blau), die hydrophile Engstelle (gelb), die mit der Phagenrezeption verbundenen Aminosäuren (grün) und in einer Pore der Zucker (rot).

Saccharose: Rotationsfähigkeit von Glucose und Fructose zueinander ist exemplarisch dargestelltSaccharose in LamB: durch Wechselwirkung
mit Aminosäuren wird der Zucker an der Engstelle fixiert,
Drehungen um Einfachbindungen unterbleiben

Das Disaccharid Saccharose ist etwas sperriger aufgebaut als Maltose. Bei der Diffusion von Saccharose durch LamB wirkt die Engstelle zwischen "Rutsche" und Tyr118 hier hinderlich, zusätzlich begrenzen ein Asparagin und ein Arginin den Durchtritt stärker als bei Maltose. Die Diffusionsgeschwindigkeit erreicht daher für Saccharose nur 2,5% des Wertes für Maltose.

In Enterobakterien existiert jedoch auch ein saccharosespezifisches Aufnahmesystem. Ein Plasmid codiert ein Regulon mit einem PTS-Transportsystem für die Cytoplasmamembran und einem Porin (ScrY) für die äußere Membran. Das Porin zeigt zwar nur etwa 20% Aminosäurehomologie zu Maltoporin, aber eine identische Topologie im Bereich der beta-Faßstruktur.

ScrY-Pore (Plasmid pUR400)

Der funktionelle Unterschied ergibt sich aus der Konstruktion der Engstelle. Die aromatischen Aminosäuren der "Rutsche" sind genauso angeordnet wie in LamB, die letzte Aminosäure zum Periplasma hin fehlt jedoch. Anstelle der begrenzenden Aminosäuren Tyrosin und Asparagin (LamB) treten hier anders angeordnete Asparagin und Phenylalanin. Auch die hydrophilen Aminosäuren der Engstelle halten sich etwas weiter zurück. Der Querschnitt des Kanals hat daher hier Abmessungen von etwa 8,5 Å x 11 Å. Die Ionenleitfähigkeit erreicht einen Wert von 1,4 nS.

Wie bei LamB gibt es auch bei ScrY eine Schlaufe, die wie ein Haken auf den Rand einer Nachbarpore reicht und dort eine der aromatischen Aminosäuren für die Rutschbahn zur Verfügung stellt sowie für den Zusammenhalt des Trimers sorgt. An der Seite zum Periplasma gibt es auch eine starke Verbindungsstelle: zwei Phynylalanine in jedem Monomer liegen parallel zueinander (Kontakt der pi-Elektronen der Ringe), und diese Stapel bilden einen hydrophoben Klotz um die dreizählige Achse .


Verwandschaftsbeziehungen

Strukturelle Verwandschaftsbeziehungen von Proteinen können aus speziellen Datenbanken ersehen werden, z. B. CAMPASS (Cambridge University). Zu den Proteinfamilien gibt es Alignment-Daten (Primärstruktur) mit eingearbeiteten Strukturdaten sowie Atomkoordinaten mit räumlicher Überlagerung der Proteinketten. Die Porin-Familie in dieser Datenbank umfaßt OmpF, das Porin aus Rhodobacter capsulatus (beide 16-strängig) und Maltoporin (LamB, 18-strängig). Hier ein Ausschnitt des Datenbankeintrages:


porins
1mal-0
maltoporin (escherichia coli) 3.10:21.70
    0    1   1  421   (DDBASE:
2omf-0
matrix porin outer membrane protein f (escherichia coli) 2.40:16.70
    0    1   1  340   (DDBASE:
2por-0
porin (crystal form b) ((rhodobacter $capsulatus) (strain 37b4) (formerly) 1.80: 9.99
    0    1   1  301   (DDBASE:

Percentage identity matrix
2por-0 2omf-0 1mal-0 2por-0 100.0 16.0 10.2 2omf-0 16.0 100.0 7.6 1mal-0 10.2 7.6 100.0 2por-0 2omf-0 1mal-0 high highest percentage identity low lowest percentage identity
Alignment based on similarities in structural features (COMPARER alignment)

2por-0( 1 ) evklsgdarmgvmy----------nGd----dw--nfssrs

2omf-0( 1 ) aeiynkdgnkvdlyGkaVgLhyfSkg-------nGenSyggn--gdmtya

1mal-0( 1 ) vdfhGyarsgiGwTGsggeqqçFqTtgAqskYRLgNEçet

bbbbbbbbbbbb b



2por-0( 26 ) rvlftmsgttd---sgl-efgasfk---ahes--vgaetg---edgtvfl

2omf-0( 42 ) rlGfkgetqin---sdltgygqweyNfqgnnsegadaqtgnktrlafagl

1mal-0( 41 ) yaelklGqevwkegdksfyfdtNvAysvaqqn----dweatdpafrEaNv

bbbbbbbbb bbbbbbb bbbb



2por-0( 64 ) sga-------fgkiemgdAlGASEalFgdLyeVGYtdLddrgGNdIpYLT

2omf-0( 89 ) kyad------vgsfdygrnyGVVydAlg-yTdmLpef-----GgdtAysd

1mal-0( 87 ) qGknliewlpgStiWagkrfYq-----rh--dVhMId------FyYWdIs

bb bbbbb



2por-0( 107 ) GderlTaedNpVlLytysa-----gafsvAasmSdgkvge----------

2omf-0( 127 ) DFFVGrVg--gVaTyrNsnffglvdglnfAvQyLgknerd----------

1mal-0( 124 ) ---------gpgaglenidvg----fgklslAaTrsseaGGSSsfasnni

bbbbbb bbbbbb



2por-0( 142 ) ts-eddaqEmAvAaaytf----gnytvglGyEkIdSp--dta-lma----

2omf-0( 165 ) tarrSNGdgvggSisyey----egfGiVGAyGaAdRTnlQeaqpLGn--g

1mal-0( 161 ) ydYtneTaNdVfDvRlaqmeinpgGtlelGvDyGrAnlr-dnyrLvdgAS

bbbbbbbbbb bbbbbbbbbbb



2por-0( 180 ) -dMeQlElAaiakfgatnvkaYyAdge-----lDrdfAravfdlt---pv

2omf-0( 209 ) kkAeQwAtGlkydanniylAaNygetrnATpItnkft-------------

1mal-0( 210 ) kdgwLfTaEhtqsvlkgfnkfVvQyAtdSMTsqGkGlSqGSgVafDnekf

bbbbbbbbbbbb bbbbbbbbbbb



2por-0( 221 ) aaaAtavdHkAyglSvdstf----gattvggYvQvldId-tIddvt-yyG

2omf-0( 246 ) -ntsGFAnkTqdvLlVaQyqfdfglrpSiAyTkSkAkdVegigdVdlvnY

1mal-0( 260 ) AyninNnghMlRiLdhGAismgdnwDmMyVgMyQdinwd-ndnGtk-WwT

bbbbbbbbbbb bbbbbbbbbbbb bb bbb



2por-0( 265 ) lgasydlg--ggasivggiAdndlp-----nSdmVaDlgvkfkf

2omf-0( 295 ) fEvGatyyfnknmstyvDyIiNqIdsdnkLgvGsddTVAvGivyqf

1mal-0( 308 ) vgiRpMykwtpimStVmEiGyDnVeSqrtgdkNnQyKiTlAqQwQagdsI

bbbbbbbb bbbbbbbbbb bbbbbbbb



2por-0( )

2omf-0( )

1mal-0( 358 ) wsRpAiRvFaTyAkwdEkWGyDytgnAdnnanfGkAVpadfnggsfgrgd



2por-0( )

2omf-0( )

1mal-0( 408 ) sdewTfgaqmEiww


Key

solvent inaccessible                    UPPER CASE      X
solvent accesible lower case x
alpha helix red x
beta strand blue x
3 - 10 helix maroon x
hydrogen bond to main chain amide bold x
hydrogen bond to mainchain carbonyl underline x
disulphide bond cedilla ç
positive phi italic x


Zu beachten ist die geringe Aminosäuresequenzhomologie (nur 16% zwischen den beiden 16-Strang-Poren). Die Positionen der Calpha-Atome in den Bereichen der Strukturhomologie in den beta-Faß-Strukturen stimmen jedoch sehr gut überein (im Bild zeigt die backbone-Darstellung die Verbindungslinie dieser Atome). Die Homologie der 18-Strang-Pore LamB (in der Tabelle unten einschaltbar) ist in dem Bereich groß, wo es Kontakte des Trimers zur Membran gibt.

 

anPoreaus
OmpF
R. caps.-Pore
LamB

 



Literatur:
R Benz & K Bauer, Permeation of hydrophilic molecules through the outer membrane of gram-negative bacteria, Eur. J. Biochem. 176 (1988) 1-19
T Schirmer, General and specific porins from bacterial outer membranes, J. Struct. Biol. 121 (1998) 101-109
G Bainbridge et al, Voltage gating is a fundamental feature of porin and toxin beta-barrel membrane channels, FEBS Lett. 431 (1998) 305-308
R Dutzler et al, Crystal structures of various maltooligosaccharides bound to maltoporin reveal specific sugar translocation pathway, Structure 4 (1996) 127-134
D Forst et al, Structure of the sucrose-specific porin ScrY from Salmonella typhimurium and its complex with sucrose, Nature Structural Biology 5 (1998) 37-46
R Sowdhamini et al, CAMPASS: A database of structurally aligned protein superfamilies, Structure 6 (1998) 1087-1094





10-98 © R Bergmann