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Populationen und reine Linien - Hardy-Weinberg-Gleichgewicht




Variation der Samengröße in einer reinlinigen Population von Phaseolus vulgaris (H. de VRIES, 1906)


Eine wichtige Voraussetzung, um zu reproduzierbaren Ergebnissen zu gelangen, ist der Einsatz von definiertem Ausgangsmaterial. Reine Linien stehen keineswegs immer von vornherein zur Verfügung.

Völlig unabhängig von den bisher besprochenen Ansätzen sind die Arbeiten des Dänen W. JOHANNSEN, der die Variabilität bei der Prinzeßbohne (einer Sorte von Phaseolus vulgaris) analysierte. Bei dieser obligat selbstbestäubenden Sorte existieren zahlreiche reine Linien, die sich in bestimmten Merkmalen, so dem mittleren Samengewicht, voneinander unterscheiden. Diese Unterschiede sind genetisch fixiert, und somit ein Element des Genotyps. An jeder Pflanze werden jedoch aus vielerlei Gründen - wie der Stellung der Hülse an der Mutterpflanze und der hieraus resultierenden unterschiedlichen Versorgung der sich entwickelnden Samen mit Assimilaten und anderen Baustoffen - verschieden schwere Samen gebildet. Ihre Verteilung, die durch äußere Faktoren bedingt ist, repräsentiert ein Element des Erscheinungsbildes (oder Phänotyps), das durch ein Zusammenwirken von Erbanlagen und Umweltfaktoren zustande kommt.

JOHANNSEN wählte innerhalb der phänotypischen Variation reiner Linien über mehrere Generationen hinweg jeweils die leichtesten und die schwersten Samen zur Nachzucht, ohne daß dadurch eine Änderung des mittleren Samengewichts eintrat. Eine Selektion innerhalb reiner Linien bleibt daher ohne Effekt. Aufgrund dieser Befunde prägte JOHANNSEN die schon genannten Begriffe Genotyp und Phänotyp.

Umweltbedingte Variation ist auch bei der Bewertung von Kreuzungsexperimenten zu berücksichtigen. Dazu wieder ein Beispiel: Bei der Untersuchung der Vererbung der Kolbenlänge des Mais hat E. M. EAST (1910) eine langkolbige Sorte mit einer kurzkolbigen gekreuzt. Die F1 verhielt sich intermediär, doch nicht streng uniform. Die F2-Generation zeigte eine weit größere Variationsbreite, da umweltbedingte Variation und Auftreten unterschiedlicher Genotypen zusammenfielen, die Auswirkungen einander daher überlagerten. Deshalb ist in solchen Fällen auch unmöglich, die einzelnen Genotypen direkt zu identifizieren.


Vererbung eines quantitativen Merkmals beim Mais.Kolbenlängen der Sorten Tom Thumb (P1), Black Mexican (P2) und der Hybriden (Nach E. M. EAST, 1910)


© Peter v. Sengbusch - b-online@botanik.uni-hamburg.de