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Nährsalze


Auf die Bedeutung von Salzen für die pflanzliche Ernährung haben bereits J. v. LIEBIG und Karl SPRENGEL hingewiesen. A. Fr. J. WIEGMANN und A. L. POLSTORFF bestätigten 1842 deren Befunde. Offen blieb dabei noch die Frage nach der Art (Qualität) der Salze, denn aus der Zusammensetzung der Aschenbestandteile einer Pflanze läßt sich nicht ablesen, ob ein bestimmtes, in der Pflanze nachgewiesenes Element für ihr Überleben tatsächlich benötigt wird, oder ob es lediglich als Ballaststoff aufgenommen worden ist. Das Problem wurde gelöst, als der Würzburger Pflanzenphysiologe J. v. SACHS (1832-1897) das Verfahren der Hydrokultur (Hydroponik) wiederentdeckt hatte. Es erlaubte, genau definierte Nährlösungen zusammenzustellen und die Wirkung eines jeden Kat- und Anions auf das Wachstum der Pflanze zu studieren. Schon die frühen Versuche von J. WOODWARD (1665-1728) aus London zeigten, daß Pflanzen in Flußwasser besser als in Regenwasser gediehen und daß das Wachstum gefördert wurde, nachdem das Wasser gelöste Substanzen aus dem Boden aufgenommen hatte.

Die erste brauchbare (synthetische) Nährlösung stellte J. v. SACHS in Zusammenarbeit mit dem Chemiker J. A. STÖCKHARDT her.

Sie enthält auf 1000 ml Wasser: 1 g Kaliumnitrat, 0,5 g Calciumsulfat, 0,4 g Magnesiumsulfat, 0,5 g Calciumhydrogenphosphat und eine Spur Eisen-(III)-chlorid

Die Bedeutung des Eisens erkannte er durch Experimente mit eisenfreien Nährlösungen. Dazu führt er (1882) aus:

"...Nach einiger Zeit jedoch, wenn das dritte oder vierte Blatt unserer Versuchspflanzen sich entfaltet, zeigt sich eine Krankheit: die von jetzt ab zur Entfaltung kommenden neuen Blätter bleiben völlig weiß, erzeugen also kein Chlorophyll, und die mikroskopische Untersuchung zeigt, daß überhaupt keine Chlorophyllkörner in dem Protoplasma solch farbloser Blätter vorhanden sind. Das ist nun ein Beweis, daß unserem Nährstoffgemenge noch etwas gefehlt hat; aus den älteren Beobachtungen von GRIS wissen wir nun, daß die Erkrankung unserer Pflanzen, die sogenannte Chlorose, von Eisenmangel herrührt....es genügt, in das Wasser, welches die Wurzeln aufnehmen, ein kleines Quantum eines löslichen Eisensalzes einzuführen, ...um die vorher völlig weißen Blätter ergrünen zu sehen...Diese Erfahrungen beweisen offenbar, daß zur Ausbildung des Chlorophylls Eisen nötig ist, aber nicht, ob das Eisen einen Bestandteil des grünen Farbstoffes selbst bildet."

Im Zusammenhang mit diesen Versuchen erkannte SACHS die Bedeutung der Wurzelhaare für die Aufnahme der gelösten Salze. Etwa um die gleiche Zeit (1861) entwickelte J. A. L. W. KNOP die nach ihm benannte und noch heute viel verwendete Nährlösung.

Auf 1000 ml Wasser: 1 g Calciumnitrat, 0,25 g Magnesiumsulfat, 0,25 g Kaliumdihydrogenphosphat, 0,25 g Kaliumnitrat und eine Spur Eisensulfat.

Die Versuche ergaben, daß die Kationen Kalium, Calcium, Magnesium und in geringen Mengen Eisen (II) (oder Eisen (III)) sowie die Anionen Sulfat, Hydrogenphosphat (oder Phosphat) und Nitrat für das Wachstum und das Überleben der Pflanzen essentiell sind. Hinzu kommen Sauerstoff, Kohlendioxyd und Wasserstoff, die der Luft, respektive dem Wasser entnommen werden (Atmung, Photosynthese).

Das Fehlen eines dieser Elemente kann nicht durch Überschuß eines anderen (ihm chemisch nahestehenden) kompensiert werden. So kann z.B. Kalium weder durch Lithium, Natrium noch durch Rubidium ersetzt werden. Ebenso unbrauchbar sind etwa atmosphärischer Stickstoff, metallisches Kalium oder elementarer Schwefel. Erforderlich sind allein die jeweiligen Ionen.

Zum Problem der Stickstoffverwertung haben H. HELLRIEGEL und WILFARTH (1886) auf der Naturforscherversammlung in Berlin Stellung genommen (zitiert aus Sachs 1887, nach einem Bericht in der Kölnischen Zeitung, 1886):

"Buchweizen, Raps, Senf, Zuckerrüben, Hafer und Kartoffeln entnehmen den Stickstoffbedarf gänzlich aus Salpetersäure-Verbindungen (Nitrate). Erhalten diese Pflanzen den Stickstoff in Form von Ammoniakdünger, so vermögen sie denselben nur in dem Maße zu verwerten, als das Ammoniak in Salpetersäure durch die Mikroorganismen des Bodens überführt wird. Dagegen sind Erbsen, Lupinen, Seradella, Wicken und Klee nicht auf den gebundenen Stickstoff im Boden angewiesen, sondern können denselben aus der Luft entnehmen; sie verarbeiten nicht den gebundenen, sondern den freien Stickstoff der Luft, diese Pflanzen können jedoch nur mit Hilfe von Bakterien, welche die sogenannten Knöllchen an den Wurzeln erzeugen, leben und nur mittels dieser den freien Stickstoff verarbeiten."

Bestimmte andere Ionen können von einigen Pflanzen aufgenommen werden, ohne verwertet zu werden. So nehmen z.B. Halophyten (Salzpflanzen) Natrium nur deshalb auf, weil sie es besser als die übrigen Pflanzen ertragen können. An salzhaltigen Standorten haben sie sich damit eine ökologische Nische erschlossen. Silizium findet man in der Asche von Trieben der Schachtelhalme und im Sproß von Gräsern, teilweise sogar in beachtlichen Mengen. Essentiell ist es allerdings nicht. Lediglich die Diatomeen und einige andere Algen benötigen es zum Aufbau ihrer Schalen. Einige marine Algen (vorwiegend Braunalgen) reichern Jod an, ohne daß etwas über dessen Bedeutung bekannt ist.

Die durchschnittlichen Anteile der einzelnen mineralischen Elemente am Trockengewicht von Pflanzen sind:

Nitrat: 1-3%, Kalium: 0,3-6%, Calcium: 0,1-3,5%, Hydrogenphosphat: 0,05-1%, Magnesium: 0,05-0,7%, Sulfat: 0,05-1,5%.

Als im 20. Jahrhundert die Ansprüche an die Reinheit der Chemikalien stiegen, zeigte es sich, daß die Pflanzen außer den genannten Elementen für ihr Wachstum noch eine Reihe sogenannter Spurenelemente benötigen. R. D. HOAGLAND (1884-1949) stellte eine von ihm als A-Z bezeichnete Lösung von Spurenelementen zusammen, von der 1 ml zu einer der Standardnährlösungen (z.B. der Knopschen Nährlösung) zuzugeben ist:

in 18 l Wasser gelöst: 0,5 g Lithiumchlorid, 1 g Kupfersulfat, 1 g Zinksulfat, 11 g Borsäure, 1g Aluminiumsulfat, 0,5 g Zinnchlorid, 7 g Magnesiumchlorid, 1 g Nickelsulfat, 1 g Kobaltnitrat, 0,5 g Kaliumjodid, 1 g Titanoxyd, 0,5 g Kaliumbromid.

Nach heutiger Auffassung werden für die normale Ernährung der Pflanzen zumindest die Spurenelemente Bor, Kupfer, Mangan, Zink und Molybdän benötigt. Ob die anderen in der HOAGLANDschen Lösung enthaltenen Komponenten wirklich - und vor allem für alle Pflanzenarten - erforderlich sind, sei dahingestellt. Es gibt durchaus Hinweise darauf, daß z.B. einige Algen Cobalt (zur Synthese von Vitamin B12) benötigen.

Ein Mangel an bestimmten Elementen führt zu charakteristischen Symptomen. So bedingen Eisen (II), Mangan (II) - und Molybdänmangel bei vielen Pflanzen eine Aufhellung (Bleichsucht) der Blätter (= Chlorosen, bedingt durch Chlorophyllverlust). Zinkmangel verursacht Zwergwuchs von Blättern, Borsäuremangel macht sich bei Zucker- und Futterrüben durch die sogenannte Herzfäule bemerkbar, was auf eine Wirkung des Borats auf meristematische Gewebe schließen läßt.


Bedeutung mineralischer Elemente für pflanzliche Zellen

Nitrat Aminosäuren, Proteine, Nukleotide, Chlorophyll, u.a.
Kalium Kofaktor vieler Enzyme, notwendig für Regulationsprozesse (z.B. Öffnen und Schließen der Spaltöffnungen) und für Synthesen, z.B. Proteinbiosynthese.
Calcium Regulatorfunktion, an der Struktur der Zellwand beteiligt; wirkt stabilisierend auf Membranen, steuert Bewegungsabläufe.
Phosphat energiereiche Bindungen (z.B in ATP), Bestandteil von Nukleinsäuren, beteiligt an Phosphorylierungen, z.B. von Zuckern und Proteinen
Magnesium Bestandteil des Chlorophylls, Gegenion zum ATP, wichtig für Proteinbiosynthese
Schwefel Bestandteil einiger Aminosäuren und Proteine, Coenzym
Eisen erforderlich für Chlorophyllsynthese, Bestandteil von Cytochromen und Ferredoxin
Chlorid an osmotischen Prozessen beteiligt
Kupfer Kofaktor einiger Enzyme
Mangan desgl., an der Proteinbiosynthese beteiligt
Zink desgl., (z.B. Carboxypeptidase, DNS-abhängige RNS-Polymerase)
Molybdän reguliert Stickstoffhaushalt
Borat beeinflußt Ca2+-Nutzung


© Peter v. Sengbusch - b-online@botanik.uni-hamburg.de