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Vielzellige Pflanzen, Arbeitsteilung


Vielzelligkeit und Polarität sind in der Regel unmittelbar miteinander verknüpft. Ungerichtetes Teilungswachstum ist im Pflanzenreich selten. Vielzeller entstehen im einfachsten Fall dadurch, daß Tochterzellen, die aus einer Mutterzelle durch Zellteilung hervorgegangen sind, beieinander bleiben. Man spricht von einer Zellkolonie, wenn die einzelnen Zellen sich differenzieren (d.h. spezialisieren). Die Differenzierung ist morphologisch sichtbar, wenn sich die einzelnen Zellen durch Merkmale, wie Größe, Pigmentzusammensetzung usw. voneinander unterscheiden. Vielfach beruhen die Unterschiede jedoch ausschließlich auf diffizilen biochemischen Merkmalen, die nur unter Laboratoriumsbedingungen oder aufgrund unterschiedlichen Verhaltens erkennbar sind. Eine Differenzierung von Zellen innerhalb einer Kolonie (und eines Vielzellers) setzt eine Kommunikation der Zellen untereinander voraus. So kann eine Zelle beispielsweise eine bestimmte Substanz ausscheiden, die von einer Nachbarzelle als Signal erkannt wird und die diese anregt, ihre physiologischen Aktivitäten zu verändern. Zellwandanteile, die zwischen benachbarten Zellen liegen, verlieren den Kontakt zur Umwelt und sind prädestiniert, neuartige Funktionen (z.B. dauerhafte Zell-Zell-Kontakte) auszubilden.

Die meisten primitiven vielzelligen Pflanzen sind fadenförmig. Je nach Art erfolgt die Verlängerung eines Fadens (Filaments) durch Teilung der terminal sitzenden Zelle oder durch Teilungen jeder beliebigen Zelle innerhalb des Fadens (interkalare Teilungen). Dabei ist die Kernspindel, und damit die Lage der Metaphaseplatte, gleich orientiert (Kernspindel parallel, Metaphaseplatte senkrecht zur Filamentachse). Der größte Anteil der Zellwand einer jeden Zelle bleibt in Kontakt mit der Außenwelt, und nur die Stirnflächen dienen dem Kontakt der Zellen untereinander.

Die Ausbildung von annährend kugelförmigen Zellhaufen kommt bei nur relativ wenigen Arten vor (Pandorina, Eudorina, Gonium, Pediastrum, etc.). Selten enthalten solche Aggregate mehr als 16 Zellen. Der Grund hierfür ist darin zu suchen, daß Zellen durch die Organisationsform "Zellhaufen" in unterschiedlich zu bewertende (= nicht äquivalente) Positionen geraten. Mit der Zunahme der Zellzahl werden die einzelnen Zellen mehr und mehr von der Umwelt (und damit von der Versorgung mit Rohstoffen) abgeschnitten. Solange kein effizientes Versorgungssystem besteht [und das hat sich erst bei höheren Pflanzen (Landpflanzen) entwickelt], haben kompakte vielzellige Kolonien kaum Vor-, eher gravierende Nachteile. Zwischen Zellfaden und kompakter Kolonie steht die Ausbildung verzweigter Fäden und flächiger Strukturen. Beide können auf wechselnde Orientierung der Teilungsspindeln zurückgeführt werden.

Ein Sonderfall ist die Bildung von Hohlkugeln, so wie wir sie besonders eindrucksvoll bei den Volvocales beobachten können. Obwohl die Zellen innerhalb der Kolonie eine weitgehende Autonomie behalten, findet ein Informationsaustausch zwischen ihnen statt. Die Bewegung in Richtung des einfallenden Lichts ist synchronisiert, die Kolonie reagiert stets als Ganzes.


© Peter v. Sengbusch - b-online@botanik.uni-hamburg.de