Den Pyrrhophyta gehört nur die Klasse der Dinophyceae mit
weit über 1000 Arten an, von denen viele parasitisch leben
(z.B. auf Diatomeen, Metazoen, Crustaceen). Dinoflagellaten sind
einzellig. Arten vieler Gattungen verfügen jedoch über
einen teilweise bizarr strukturierten Panzer (Theka), der aus
mehreren cellulosehaltigen, polyedrisch gebauten Platten, welche
die Zellen in artspezifischer Anordnung umgeben, zusammengesetzt
ist. Oft sind Schwebefortsätze ausgebildet. Im Gegensatz
zu einer Zellwand liegen die Platten nicht extrazellulär,
vielmehr werden sie in intrazellulären Vesikeln gebildet
und innerhalb einer äußeren Membran gelagert. Zwischen
dem Cytoplasma und den Platten liegt eine weitere Membran.
Raster-
elektronenmikroskopische Aufnahmen von Dinoflagellaten: Links:. Ceratium massiliense - rechts: Dinophysis nitra. (A. COUTÉ und A. ILTIS, 1985).
Dinoflagellaten vermehren sich in der Regel asexuell. Bei der Teilung in zwei Tochterzellen ergänzt jede von ihnen die fehlende Panzerhälfte (so bei Ceratium-Arten), oder beide bilden einen neuen Panzer (z. B. Peridinium). Die sexuelle Fortpflanzung vurde von von STOSCH (Universität Marburg) genauer untersucht: Die Arten von Ceratium sind anisogame Haplonten, die nach der Meiose aus den Zygoten entstehen. In einem Falle ist diese Zygote sogar begeißelt und längere Zeit schwimmfähig (Präceratium) bevor die Meiose erfolgt. Die Kerne der meisten Arten sind haploid, doch sind in der Gattung Noctiluca diploide Stadien vorherrschend. In Interphasestadien sind in den Kernen gebändert aussehende Chromosomen vorhanden
Die für Eukaryoten typischen Histone und die Nukleosomenstruktur fehlen, ebenso fehlen die Centromeren und, während der Kernteilung, meist auch die tyische Spindel.
Die Zellen besitzen in der Regel zwei Geißeln, die senkrecht zueinander angeordnet sind. Eine dient - als Schubgeißel - der Vorwärtsbewegung, die zweite bewirkt eine ständige Rotation der Zelle um die eigene Achse. Diese Geißel liegt bei bepanzerten Arten in einer Querfurche (Gürtelfurche) der Theka.
Rasterelektronenmikroskopische Aufnahme der Transversalgeißel in der Querfurche des Panzers eines Dinoflagellaten (Gymnodinium sanguineum); Balken: 10 µm.
(G. GAINES, F. J. R. TAYLOR, 1985).
Neben plastidenhaltigen, photoautotrophen Arten gibt es zahlreiche heterotroph lebende. Photoautotrophe können nicht uneingeschränkt als Primärproduzenten bezeichnet werden, denn viele von ihnen sind vitaminauxotroph, d.h., sie benötigen für ihr Wachstum eine Vitaminzufuhr (meist Vitamin B12).
Anders als bei den übrigen Pflanzen sind die Plastiden der Pyrrhophyta sehr unterschiedlicher Herkunft, man kennt (soweit untersucht !) welche, die Chlorophyll b enthalten, ferner phycobilinhaltige und solche, die zwei Plastidentypen enthalten, einer mit Fucoxanthin, der andere mit Peridinin (dem Hauptxanthophyll "typischer" Dinoflagellaten), dann gibt es welche, deren Plastiden nicht von prokaryotischen, sondern von eukaryotischen Algen (Chrysophyceen) ableitbar sind. In einigen Arten, z.B. Peridinium balticum, sind die Eukaryoteneigenschaften der "Plastiden" (Plastiden in den "Plastiden", Mitochondrien, Zellkern u.a.) erhalten geblieben (R. N. TOMAS und E. R. COX, Texas A & M University, College Station 1973, S. P. GIBBS, 1981), bei anderen sind sie sukzessive verlorengegangen. Als letzter Hinweis auf die Chrysophyceenherkunft dieser Plastiden wird die Anwesenheit von Fucoxanthin gewertet. Augenflecken sind vielfach vorhanden, und je nach Art (oder Gattung) sind sie im Plasma oder in den Plastiden lokalisiert. Oft sind sie komplex strukturiert. Der Zellkörper vieler mariner Arten ist von einem vom Plasmalemma ausgehenden röhrenförmigen Membransystem (der Pusule) durchdrungen. Man nimmt an, daß es an der Osmoregulation beteiligt ist; pulsierende Vakuolen wurden nicht gefunden.
Dinoflagellaten kommen im Salz- und im Süßwasser vor. Im Meer sind sie nach den Diatomeen die zweitwichtigste Gruppe des Phytoplanktons. In warmen Gewässern ist die Artenvielfalt bei geringer Individuenzahl hoch, in kalten überwiegen wenige Arten mit hoher Individuenzahl. In regelmäßigen Intervallen kommt es zu Massenentwicklungen bestimmter Arten. Gefürchtet ist die sogenannte rote Tide (red tide), bei der sich das Wasser wegen der großen Menge gebildeten Carotinoids rot bzw. orange färbt. Diese Erscheinung wurde an vielen Küsten, z.B. an der Küste Floridas, im Golf von Mexiko, gelegentlich auch in der Nordsee beobachtet. Während dieser Phase (Dauer jeweils ca. 14 Tage) scheiden die Dinoflagellaten toxische Substanzen ab, die je nach Verursacher auf viele oder bestimmte Gruppen anderer Organismen tödlich wirken. Die Art Gymnodinium breve scheidet ein Toxin ab, das auf Fische toxisch wirkt, auf Invertebraten jedoch nicht. Verschiedene Gonyaulax-Arten produzieren ein Toxin, das vorwiegend Invertebraten abtötet.
Die Art Gonyaulax catenella produziert die bislang am besten untersuchte Substanz: Saxitoxin. Es ist ein Alkaloid, das dem Strychnin und den Aconitum-Alkaloiden ähnelt und als Neurotoxin wirkt. Zwar ist es in der von Gonyaulax catenella abgegebenen Konzentration für größere Meeresbewohner nicht gefährlich, aber es wird in der Nahrungskette (Zooplankton Muscheln/Würmer Fische) angereichert und überschreitet damit die kritische Grenze der Toxizität. Die Wirkung ist, z.B. bei Fischen und Seevögeln, an Lähmungen, denen der Tod durch Ersticken folgt, erkennbar.
1971 wurde an der niederländischen Küste eine durch Prorocentrum micans ausgelöste rote Tide festgestellt. Die Wirkung machte sich beim Menschen nach Verzehr von Miesmuscheln durch Magen- und Darmerkrankungen bemerkbar.
Eine Reihe von Dinoflagellaten (Noctiluca miliaris und andere Noctiluca-Arten, Gonyaulax polyedra, u.a.) zeichnen sich durch die Fähigkeit zur Biolumineszenz aus, die auf einer Spaltung von Luciferin durch Luciferase beruht:
Die Reaktion ist sauerstoffabhängig und ATP-verbrauchend. Man unterscheidet zwischen zwei Lumineszenz-Erscheinungen:
Induzierte Lumineszenz. Sie wird beispielsweise durch kräftiges Schütteln der Zellen, in der Natur durch Wellenschlag, hervorgerufen. Die Zellen reagieren auf die Störung durch Lichtblitze von ca. 0,1 sec Dauer. Die Aktivität (der Luciferase) unterliegt einer endogenen Tagesrhythmik (B. M. SWEENEY und J. W. HASTINGS, 1957, B. M. SWEENEY, 1963).
Spontane Lumineszenz. Hierbei handelt es sich um eine stetige Lichtemission mit tagesperiodisch schwankender Intensität.
Rhythmische Erscheinungen in Gonyaulax polyedra.
A. Zyklische Lumineszenzaktivitäten im Tag-Nacht-Wechsel.
B. Rhythmische Erscheinungen unter Starklichtbedingungen (Dauerstarklicht).
C. Rhythmische Erscheinungen unter Dauerschwachlichtbedingungen
(Nach B. M. SWEENEY und J. W. HASTINGS 1957; B. M. SWEENEY, 1963).
Viele Dinoflagellaten leben in Symbiose mit Protozoen (Radiolarien, Heliozoen, Foraminiferen), Coelenteraten (Quallen, Seeanemonen, Korallen) oder Mollusken, und je nach Färbung, die sie dem Wirtsorganismus verleihen, wird zwischen den Zoochlorellen und Zooxanthellen unterschieden. In den Zooxanthellen, wie auch in den meisten freilebenden Dinoflagellaten, ist die Farbe des Chlorophylls a und die des in geringeren Mengen vorliegenden Chlorophylls c durch verschiedene gelbe und braune Xanthophylle (und Fucoxanthin) überdeckt. Zooxanthellen sind obligate Symbionten riffbildender Korallen. Wegen ihrer Lichtansprüche ist die Verbreitung der Korallen auf oberflächennahe Wasserschichten (maximal 90 m) beschränkt. Es ist erwiesen, daß die Zooxanthellen bis zu 60 Prozent des durch Photosynthese fixierten Kohlenstoffs an die Wirtszellen abführen. Korallen können zwar ohne sie überleben, sind dann aber nicht mehr in der Lage, Kalk abzusondern.
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