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Einiges über pflanzliche Proteine


Die meisten Proteine sind Enzyme, die im Verlauf der Evolution schon sehr früh in Erscheinung traten; das wiederum hat zur Folge, daß alle Zellen (Bakterien, tierische Zellen, Pflanzenzellen) das gleiche Repertoire an Enzymen besitzen. Alles, was wir unter dem Stichwort Primärstoffwechsel zusammenfassen (Glykolyse, Citratzyklus, Aminosäuresynthesen, Kohlenhydratsynthese, Lipidsynthese und Nukleotidsynthese) wird durch einen Satz von Enzymen gesteuert, die sich in den einzelnen Zellen verschiedener Organismengruppen nur wenig voneinander unterscheiden. Wenn wir an dieser Stelle speziell pflanzliche Proteine behandeln wollen, müssen wir uns überlegen, wodurch sich Pflanzen von den übrigen Organismen unterscheiden und ob das Studium ihrer Proteine zur Erklärung dieser besonderen Eigenschaften hilfreich ist.

Zunächst einmal sind die meisten Pflanzen Vielzeller, und es bedarf spezieller Kontrollmechanismen, um die Zusammenarbeit der einzelnen Zellen untereinander zu koordinieren. Zellen müssen in der Lage sein, ganz gezielt bestimmte Stoffe aufzunehmen und andere auszuscheiden, vielfach geschieht das unter Energieverbrauch. Die dazu befähigten Enzyme sind Bestandteile zellulärer Membranen. Es sind die Transferasen (gelegentlich auch Pumpen [z.B. Natrium / Kalium-Pumpe] genannt), die Ionen, Metaboliten u.a. durch eine Membran hindurchschleusen. Wie die Enzyme sind sie substratspezifisch. Sie setzen das Substrat jedoch nicht um, sondern setzen es auf der gegenüberliegenden Membranseite wieder frei. Der Transport erfolgt oft gegen einen Konzentrationsgradienten.

Andere Proteine wiederum erkennen bestimmte Signale (z.B. physikalische Faktoren, wie Licht bestimmter Wellenlänge oder chemische Komponenten, wie z.B. die Pflanzenhormone oder Bestandteile der Oberflächen anderer Zellen). Nach der Signalerkennung ändern sie ihre Konformation und geben diese "Information" gerichtet weiter. Man nennt diese Moleküle Rezeptoren und die Signale Effektoren (oder Elicitoren). Rezeptoren können membrangebunden sein, sie können aber auch im Plasma oder in der Zellwand lokalisiert sein. Viele von ihnen, z.B. die Lichtrezeptoren, sind mit Kofaktoren assoziiert (Das klassische Beispiel dafür ist das Phytochrom). Zu ihren Aufgaben gehört die Umwandlung und Verstärkung (Amplifikation) des Signals. Zumindest bei tierischen Zellen wurde eine stufenweise Hintereinanderschaltung mehrerer Rezeptoren festgestellt. Die Folge davon ist eine kaskadenartige Vervielfachung der durch das auslösende Signal an die Zelle übermittelten Information. Üblicherweise bleibt ein Effektormolekül durch die Bindung an den Rezeptor unverändert. Es kann daher nacheinander an mehrere Rezeptormoleküle binden, es sei denn, es gibt übergeordnete Mechanismen, um überschüssige Effektormoleküle zu eliminieren (Beispiel: die Acetylcholinesterase im synaptischen Spalt zwischen Neuronen). Zu den bekanntesten pflanzlichen Rezeptormolekülen gehören die Lektine, das sind kohlenhydratbindende Proteine; mehr dazu im übernächsten Abschnitt. Obwohl Lektine nicht ausschließlich im Pflanzenreich vorkommen, sind sie dort doch weit häufiger als im Tierreich. Sie können deshalb als ein Prototyp der Pflanzenproteine herausgestellt werden.

Eine andere Gruppe typisch pflanzlicher Proteine sind die Speicherproteine, die vornehmlich in Samen zu finden sind. Besonders reich an Speicherproteinen sind die Leguminosen. In den letzten Jahren sind sie in immer stärkerem Maße ins Zentrum des Interesses gerückt, weil sie für die menschliche Ernährung, insbesondere in Ländern der Dritten Welt, wichtig sind. Pflanzliche Proteine sind meist lysinarm, und es galt daher, nach Mutanten mit lysinreicherem Protein zu suchen. Gewisse Erfolge in dieser Richtung wurden beim Mais erzielt. Das zweite große Problem ist die Gesamtmenge an Protein und das Protein-/Kohlenhydratverhältnis. Auch hier bestehen Hoffnungen (z.T. unter Einsatz gentechnischer Verfahren), zukünftig wertvollere Kulturpflanzen züchten zu können.

Bevor wir näher auf Lektine und Speicherproteine eingehen, einige Bemerkungen über Isolation und Charakterisierung von Proteinen, dann einiges über Alloenzyme - Isoenzyme und zum Schluß noch ein Abschnitt über den Einsatz von Proteinen zur Analyse zellulärer Strukturen und als Hilfsmittel zur Lokalisation von Molekülen in der Zelle (Analyse der molekularen Architektur der Zelle).


© Peter v. Sengbusch - b-online@botanik.uni-hamburg.de