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Musci (Laubmoose)



© T. Stützel


Der aufrecht wachsende Vegetationskörper des Gametophyten ist oft deutlich untergliedert, er besteht aus unterschiedlich differenzierten Geweben, z.T. ist er reichlich verzweigt. Man kann deutlich zwischen dem oberirdischen Stamm mit den daran schraubig angeordneten Blättern (meist mit Mittelrippe) einerseits und den unterirdischen Rhizoiden andererseits unterscheiden. Die morphologischen Einheiten sind jedoch nicht mit Stamm und Blättern der übrigen Pflanzen homologisierbar, dem Stamm fehlt nämlich das in Phloem und Xylem differenzierte Leitgewebe, den Blättern das Mesophyll. Leitfunktionen (für Wasser, Ionen und Assimilate) werden dennoch bereits erfüllt; sie werden von charakteristisch gebauten, langgestreckten Zellen wahrgenommen, die, oft zu Bündeln vereint, im Zentrum des Stammes liegen.

Ihre Zellwände und die Wände vieler anderer Zellen sind verstärkt. Sie enthalten jedoch nie Lignin oder ligninähnliche Substanzen. Spaltöffnungen kommen an den Sporophyten einiger Arten vor.

Die Entwicklung von Antheridien und Archaegonien ist, soweit untersucht, temperaturabhängig. Bei Polytrichum alcides entstehen sie bei 21 Grad C, doch nicht bei 10 Grad C, obwohl der Gametophyt bei niederer Temperatur besser als bei hoher gedeiht. Bei Funaria hygrometrica wird die Bildung der Fortpflanzungsorgane durch niedere Temperaturen induziert.


© T. Stützel


Wie schon erwähnt, wird für den Befruchtungsvorgang Wasser benötigt. Die Entfernung, die die mit zwei Geißeln versehenen schraubig gebauten männlichen Gameten durch Eigenbewegung zurücklegen können, liegt im Zentimeterbereich. Durch passive Bewegung, z.B. durch die Oberflächenspannung des Wassers können größere Entfernungen überwunden werden. Nicht zu vernachlässigen ist die Mitwirkung von Insekten und anderen hleinen Tieren bei der Gametenverbreitung.

Das Oogonium (Archaegonium) ist wie bei den Hepaticae flaschenförmig. Die Eizelle liegt in einer bauchigen Erweiterung am Flaschenboden. Der Flaschenhals ist von Halskanalzellen erfüllt, die sich bei der Reifung der Eizelle auflösen. Der junge Embryo entwickelt sich direkt aus der befruchteten Eizelle und wächst zum Sporophyten heran. Dessen auffallendstes Merkmal ist die terminal sitzende Sporenkapsel. Sie enthält photosynthetisierendes Gewebe, sterile, in späten Stadien tote Zellen, aus denen die Kapselwand besteht, und zentral gelegene Zellen, die die Meiose durchlaufen und deren Produkte sich zu Sporen differenzieren.

Die Freisetzung der von einer dicken Wand umgebenen Sporen erfolgt bei den meisten Arten durch Absprengung des Kapseldeckels (Operkulum). Vielfach entwickelt sich innerhalb der Kapsel ein hoher atmosphärischer Druck, der nach explosionsartigem Reißen Der Kapselwand die Verteilung der Sporen ermöglicht. Die Kapselränder sind vielfach von einem Zahnkranz (Peristom) umgeben, der, wie die anderen morphologischen Eigenarten des Sporophyten, ein wichtiges Bestimmungsmerkmal der Laubmoose ist. Daraus ergibt sich jedoch die Schwierigkeit, Moose in vegetativem Zustand zu bestimmen.

Aus einer keimenden Spore entwickelt sich zunächst ein verzweigt fadenförmiges Protonema. Es enthält zwei Fadentypen:

Physcomitrella patens: Chloronema, Caulonema und junges Blättchen mit Chloroplasten (teils in Aufsicht, scheibenförmig, teils in Seitenansicht, linsenförmig).

Zellen des Caulonemas differenzieren sich weiter, aus ihnen entwickelt sich schließlich der Gametophyt. Die Ursachen, die bei der Art Physcomitrella patens die einzelnen Differenzierungsschritte einleiten, sind bekannt (nach D. J. COVE et. al., 1979):

  1. Sporen keimen nur bei Belichtung. Es entsteht ein primäres Chloronema.

  2. Die Caulonemabildung ist auxinabhängig.

  3. Bei hoher Lichtintensität und Abwesenheit von Auxin und Cytokinin entwickelt sich aus dem Caulonema ein sekundäres Chloronema. Durch Applikation von cyklischem AMP (cAMP) wird die Bildung des sekundären Chloronemas gefördert; cAMP ist ein bekanntes intrazelluläres Regulatormolekül tierischer und prokaryotischer Zellen sowie ein extrazelluläres bei einigen Schleimpilzen. Bei (höheren?) Pflanzen scheint es als Regulator keine Rolle zu spielen, sein Vorkommen ist aber auch dort erwiesen.


  4. Bei geringer Lichtintensität und gleichzeitiger Anwesenheit von Auxin und Cytokinin bilden sich Knospen.

  5. Die Weiterentwicklung zum Gametophyten kann durch hohe Konzentration von entweder Auxin oder Cytokinin unterbunden werden.

Moose haben ein hohes Regenerationsvermögen. In einem klassischen Experiment zeigten die Brüder MARCHAL (1907-1911), daß ein Stück Sporophytengewebe zu einem diploiden Protonema und damit einem diploiden Gametophyten heranwachsen kann, Versuchsobjekt war Bryum caespiticum; die Befunde wurden in den dreißiger Jahren von F. v. WETTSTEIN (Pflanzenphysiologisches Institut der Universität Göttingen), bestätigt, der zudem zeigte, daß sich auf einem solchen Gametophyten ein tetraploider Sporophyt entwickelte

Das Verfahren eignet sich somit zur Produktion polyploider Mutanten. Andererseits konnte M. BOPP (Botanisches Institut der Universität Heidelberg) 1968 das Protonema von Pottia intermedia und Splachnum ovatum zur Differenzierung zu haploiden Sporophyten anregen. Haploide Sporophyten entstehen bei vielen Arten auch apogam, d.h., aus unbefruchteten Eizellen.

Viele Moosarten weisen Anpassungen an ungewöhnliche Umweltbedingungen auf. Arten arider Biotope können in ausgetrockneten Dauerstadien überleben. Beim Befeuchten absorbieren sie große Mengen an Wasser und nehmen anschließend ihre physiologischen Funktionen wieder auf. Wenige Arten leben ganz oder zeitweilig submers. Vor der japanischen Küste wurde eine im Salzwasser vorkommende Art, nämlich Dicranella siliquosa, gefunden.

An europäischen Küsten kommen Moose vor, die eine bis zu 24 Stunden dauernde Überflutung überstehen: Grimmia maritima, Pottia heimii, Tortella flavovirens, u.a. Das größte Moos ist Dawsonia superba mit einem Vegetationkörper, der 70 Zentimeter hoch werden kann und dem Hauptvorkommen in Neu-Guinea.

Im allgemeinen kann man sagen, daß Arten mit stark verzweigten Stämmen vorwiegend rasenbildend sind, während viele (nicht alle!) der unverzweigten Arten Polster bilden. Die meisten Arten wachsen auf dem Boden, nicht wenige leben epiphytisch.

Zu den auffallendsten Arten gehören die Torfmoose (Gattung Sphagnum mit ca. 300 Arten).

Ausgewachsene Exemplare besitzen keine Rhizoide, die Stämme wachsen terminal stets weiter, im unteren Teil sterben sie ab und bilden im Laufe von Jahrtausenden meterdicke Torfablagerungen. Sphagnum-Gewebe besteht aus großen, wasserspeichernden Zellen mit dazwischenliegenden Reihen kleinerer chloroplastenhaltiger Zellen. Die beiden Zelltypen entstehen durch zwei inäquale Teilungen einer Ausgangszelle. Die Blätter besitzen keine Mittelrippe, oft sind die Zellen rot pigmentiert. Sphagnum kommt vorwiegend auf sauren Böden vor. Es entzieht dem Boden selektiv Protonen und Anionen, so daß man im Inneren einer Torfschicht pH-Werte von etwa 4 mißt, während der pH-Wert der Umgebung bei etwa 6 liegt. Die selektive Ionenaufnahme macht man sich im Gartenbau zunutze, indem man der Gartenerde Torf beimischt. Alle Sphagnum-Arten haben mehr als n = 19 ± Chromosomen, 38 kennzeichnet die Arten der Sektion Palustria (= Cymbifolia, = Sphagnum) und kommt auch in anderen Sektionen vor. Außerdem gibt es Mikrochromosomen, von denen man annimmt, daß sie ähnlich den B-Chromosomen wenig oder keine Information enthalten, ihre Zahl beträgt, soweit bekannt, 0 - 11

In einigen Gattungen (und Arten) der Laubmoose wurden Ploidierassen gefunden. In der Gattung Mnium sind die haploiden Formen diözisch, die diploiden monözisch.

Einige ausgewählte Vertreter der Laubmoose: Die Sphagnum-Arten (Torfmoose) wurden bereits beschrieben, sie gehören der Ordnung Sphagnales an. Funaria hygrometrica und Splachnum gehören zur Ordnung Funaciales. Sie zeichnen sich durch besonders große Blattzellen aus. Mnium, Bryum und Rhodobryum sind Eubryales. Ihre Sporangien zeichnen sich durch ein hochgradig spezialisiertes Peristom aus. Die Peristomzähne sind in zwei konzentrischen Kreisen angeordnet.

Bei den Polytrichales sind die Peristomzähne aus hufeisenförmigen Zellen aufgebaut. Der Stamm enthält ein hochentwickeltes Leitsystem.

Auf den Blattoberseiten sind Assimilationslamellen vorhanden. Die bekanntesten Vertreter dieser Ordnung sind die auf Waldböden verbreiteten Polytrichum-Arten.


Dawsonia spec. aus dem Bergwald am Fuße des Kinabalu auf Borneo. Arten aus dieser Gattung gehören zu den größten Moosen überhaupt (bis 70 cm hoch). Aufn.: K. HANDKE


© Peter v. Sengbusch - b-online@botanik.uni-hamburg.de