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1.11. Induktion der Synthese eines Enzyms.
Mutationen - Resistenz gegen Antibiotika


bitte mitbringen

Sie finden am Arbeitsplatz oder unter dem Abzug:

Bakteriensuspension (ÜNK; morgens um 8 Uhr in frisches Medium übertragen; 19,8 ml Medium + 0,2 ml Bakteriensuspension; 6 Stunden bei 37°C bebrütet (inkubiert), dann fertig für den Kurs).
Nährlösung

A : Na2HPO4 14,6 g ; KH2PO4 3,5 g ; Aqua dest. ad. 500 ml
B : NH4Cl 1,0 g ; NaCl 0,5 g ; MgSO4 0,2 g ; Hefeextrakt 0,4 g; Glycerin 4 g; CaCl2 0,01 g ; Aqua dest. ad. 500 ml Die Lösungen wurden getrennt autoklaviert, dann 1 : 1 gemischt.

Glucoselösung (20 g Glucose in 500 ml Aqua dest.)
Lactoselösung (20 g Lactose in 500 ml Aqua dest.)
Chloramphenicol (zur Lactoselösung (autoklaviert und abgekühlt) wurde 1 mg/ml Chloramphenicol hinzugegeben)
Toluol
Pasteurpipetten mit Hütchen
o - Nitrophenylgalactosid (5 mg / ml)
Phosphatpuffer pH 7.0 (0,05 m)
Na2CO3 - Lösung (1 m)
2 Gestelle mit je 24 Reagenzgläsern (= Zentrifugengläsern)
1 Gestell (groß) mit sterilem Belüftungsröhrchen (Alu- Folie erst vor Gebrauch entfernen)
Behälter mit Eis
Aqua dest. (steril)
Pipetten (steril)

20 á 0,1 ml
20 á 2,0 ml
20 á 5,0 ml
20 á 10 ml

Glasbügel
Chloramphenicol - Platten (rot markiert) enthaltend:

1 mg / ml
0,1 mg / ml
0,01 mg / ml
1 µg / ml
0,1 µg / ml
0,01 µg / ml
0,001 µg / ml

Pencilillinplatten (blau markiert) enthaltend :

1000 I.E. / ml
100 I.E. / ml
10 I.E. / ml
1 I.E. / ml

Antibiotikumhaltige Platten wurden wie folgt hergestellt

a ) Standardagar: s. 1.10, in kleinen Portionen (ca. 200 ml) autoklaviert.
b ) Zum Abkühlen wurden die Gefäße in ein 60° C Wasserbad gestellt.
c) Nach Erreichen der Temperatur wurde das Antibiotikum hinzugegeben.

(Stammlösung : 10 mg / ml Chloramphenicol oder l0.000 I.E. Penicillin / ml in Aqua dest.)

gemeinsam zu benutzen

Wasserbäder, eingestellt auf 37°C
Spektralphotometer, eingestellt auf

a ) lambda = 550 nm
b ) lambda = 480 nm

Küvetten
Zentrifugen
Stutzen mit Wasser gefüllt zur Ablage benutzter Pipetten.



VORSICHT
In diesem Experiment wird mit gefährlichen Chemikalien umgegangen:


Toluol kann Mißbildungen verursachen. Es ist leichtentzündlich und gesundheitsschädlich beim Einatmen. Exposition vermeiden. Vor Gebrauch besondere Anweisung einholen. Von Zündquellen fernhalten - nicht rauchen. Berührung mit den Augen vermeiden. Nicht in die Kanalisation gelangen lassen. Maßnahmen gegen elektrostatische Aufladungen treffen.
Chloramphenicol: synthetisches, bakteriostatisches Antibioticum, das die Translation der RNS durch Blockierung der Peptidyltransferasereaktion der Ribosomen blockiert
Penicillin: Antibioticum gegen gram-positive Bakterien

In diesem Experiment wird mit lebenden Mikroorganismen gearbeitet



In diesem Versuch sollen Sie erkennen, daß Zellen ökonomisch arbeiten (müssen). Bakterienzellen benötigen zu ihrem Wachstum eine Kohlenstoffquelle. In einem Vollmedium ist Kohlenstoff reichlich enthalten. In unserem Fall z.B. im Hefeextrakt und im Glycerin. Bei den früheren Versuchen haben wir Pepton bzw. Trypton - also partiell hydrolysiertes Eiweiß - verwendet. In allen Fällen erhält man ein gutes Zellwachstum. Die Bakterienzellen bilden eine große Population.

Bei gegebenen Umweltbedingungen werden sich solche Individien durchsetzen, die sich am schnellsten vermehren. Langsam wachsende Bakterien werden im Laufe der Zeit aus einer Population einfach herausverdünnt. Im Laufe der Jahrmillionen der Evolution sind dabei Unterschiede von millionstel von Sekunden in der Generationszeit entscheidend gewesen. Es ist daher nicht verwunderlich, daß Bakterien (und andere Organismen) vielerlei Regelmachanismen entwickelt haben, die es ihnen ermöglichen, mit der zur Verfügung stehenden Energie ausgesprochen wirtschaftlich umzugehen. Eine Bakterienzelle ist in der Lage, für die unterschiedlichen Reaktionen des Stoffwechsels eine Vielzahl spezifischer Enzyme zu synthetisieren. Für alle diese Enzyme gibt es je einen Genabschnitt, der die Information zur Bildung dieses Enzyms von einer Generation auf die nächste weitergibt:

Ein Gen - Ein Enzym Hypothese (BEADLE und TATUM)

Aber selbst wenn eine Information vorliegt, darf nicht außer acht gelassen werden, daß zu ihrer Realisation

  1. Zeit und
  2. Energie

benötigt werden. D.h. würde eine Bakterienzelle alle Enzyme bilden, die es potentiell bilden könnte, so wäre seine Vermehrungsrate sehr gering, es würde unnötig viel Energie verschwenden und somit sparsameren Zellen gegenüber ins Hintertreffen geraten
Bakterien der Art Escherichia coli können Milchzucker (Lactose) abbauen. Das geschieht durch das Enzym beta - Galctosidase. Es gibt ein weiteres Enzym, die Galactosidtransferase, welches die Aufnahme der Lactose durch die Zellmembran hindurch beschleunigt. Da wir die Bakterien in der Regel in einem lactosefreien Medium kultivieren, wäre die Bildung dieser Enzyme unökonomisch, Andererseits müssten die Bakterien in der Lage sein, die beiden Enzyme umgehend zu bilden, sobald sie in ein lactosehaltiges Medium geraten.

Durch einen heute recht gut verstandenen Regelmechanismus ist Escherichia coli tatsächlich in der Lage, die Synthese von Galactosidtransferase, beta - Galactosidase und einem dritten Enzym (a) anzukurbeln oder zu drosseln. Es handelt sich hierbei um eines der einfachsten und experimentell bestuntersuchten Systeme einer Genregulation - der wichtigste Grund, weshalb auch wir heute dieses Experiment nachvollziehen wollen. Die Einzelheiten, einschließlich der Nomenklatur der Genabschnitte ist der schematischen Darstellung zu entnehmen. Das Genprodukt von i, der "Repressor" reagiert mit o; wodurch die Synthese der Genprodukte der Gene z, y und a blockiert wird: Lactose inaktiviert den Repressor, so daß nunmehr beta - Galactosidase und Galactosidtransferase gebildet werden können Wenn dieses Modell, bekannt als JACOB- MONOD-Modell, richtig ist, müsste unser heutiger Versuch auch klappen. Wir wollen heute zeigen, daß

  1. Zur Bildung des Enzyms eine Eiweißsynthese nötig ist.
  2. Daß die Bakterien in einem Medium, welches Lactose enthält, das Enzym bilden und wachsen können.
  3. Bei Zellen, denen Glucose angeboten wird, dieses Enzym nicht nachweisbar ist.

Der Nachweis einer Proteinsynthese erfolgt indirekt. Wir setzen eine Probe an, in der jegliche Proteinsynthese gehemmt wird. Hierzu eignet sich das Antibiotikum Chloramphenicol besonders gut. Die Frage lautet somit:

Wird bei Anwesenheit von Chloramphenicol beta - Galactosidase gebildet?

Wir müssen ja zwischen den Alternativen entscheiden, ob das Enzym neu gebildet werden muß, oder ob es in inaktivem Zustand vorliegt und durch Lactosezugabe nur aktiviert zu werden braucht (Für die 2. Möglichkeit gibt es im Stoffwechsel zahlreiche Beispiele). Letztes Problem:

Wie weisen wir das Enzym nach?

Der direkte experimentelle Nachweis der Lactosespaltung ist recht umständlich. Wir bedienen uns deshalb eines besonderen Testsystems. Man weiß nämlich, daß beta - Galcatesidase nicht nur Lactose, sondern auch andere Verbindungen spaltet, die eine beta -glykosidische Bindung enthalten. So wird z. B. o - Nitrophenyl -beta - D - Galactosid (ONPG), eine unphysiologische, in der Natur nicht vorkommende Substanz, gespalten. Dabei entsteht o - Nitrophenol. ONPG ist farblos, o- Nitrophenol ist gelb. Damit kann der Ablauf der Hydrolyse und somit die spezifische Enzymaktivität einfach an der zunehmenden Gelbfärbung der Reaktionsflüssigkeit verfolgt werden. Bevor wir jedoch eine solche Reaktion verfolgen können, müssen wir das Enzym aus den Zellen herausholen, damit es mit dem Substrat reagieren kann. Wir behandeln deshalb die Bakterien mit Toluol. Toluol schädigt (durchlöchert) die Zellmembran, so daß die beta - Galctosidase ins Medium ausläuft. Um Mißverständnissen vorzubeugen, nochmals zusammenfassend:

Man läßt Bakterien in den 3 verschiedenen Medien wachsen:

a ) mit Glucose
b ) mit Lactose
c ) mit Lactose und Chloramphenicol


Zu bestimmten Zeiten stoppt man die Reaktion ab, indem man aus jedem Kulturröhrchen eine kleine Probe entnimmt. Diese behandelt man jetzt jeweils mit Toluol, gibt ONPG dazu und prüft, ob eine Gelbfärbung auftritt.


Experimentelle Durchführung

- S T E R I L   A R B E I T E N -

Belüftungsröhrchen wie folgt beschicken

Ansatz A:

Ansatz B:

32 ml Nährlösung
4 ml Bakteriensuspension
4 ml Lactoselösung

Ansatz C:

32 ml Nährlösung
4 ml Bakteriensuspension
4 ml Lactoselösung, welche 1 mg / ml Chloramphenicol enthält

Die Ansätze werden belüftet und bei 37°C im Wasserbad inkubiert. Zu folgenden Zeiten werden 5 ml Proben entnommen

t = 0, 30, 60, 90, 120 und 150 min.


Test auf beta- Galactosidase

  1. Nachweis der Bakterienvermehrung: Trübung der Proben (unverdünnt) bei lambda = 550 nm messen. (Die Nährlösung dient als Blindprobe).
  2. Test auf enzymatische Aktivität.

Ansatz

Inkubationszeit : 30 min. bei 37°C (im Wasserbad). Die Reaktion wird durch Zugabe von 1 ml 1 m Na2CO3 abgestoppt. Na2CO3 macht den Reaktionsansatz alkalisch und im alkalischen Bereich wird die beta - Galactosidase inaktiviert.

In welchen Proben finden Sie eine Gelbfärbung?
Wann tritt sie auf, wie intensiv ist sie?

Sie können am Ende des Versuchs die Extinktionen der gelbgefärbten Proben vermessen.
Günstig wäre hierzu eine Messung bei lambda = 430 nm. Leider schaffen das die meisten unserer Praktikumsspektralphotometer nicht. Ersatzweise sind einige Geräte auf lambda = 480 nm eingestellt worden. Auch in diesem Bereich absorbiert o - Nitrophenol noch, allerdings bei weitem nicht so gut, wie im Absorptionsmaximum. Sie werden deshalb vermutlich relativ niedrige Meßwerte erhalten, selbst wenn Sie intensiv gelb gefärbte Proben vermessen.
Bevor Sie jedoch Extinktionen messen, müssen Sie die Bakterien aus Ihren Proben entfernen. um keine Streulichtphänomene zu messen. Zentrifugieren Sie die Proben 10 min. bei maximaler Geschwindigkeit. Messen Sie anschließend die Extinktionen des Überstands.


Auswertung

Stellen Sie alle Meßwerte graphisch dar. Deuten Sie die Kinetiken.

Welche Korrelationen fallen Ihnen auf?
Was können Sie aus Ihren Ergebnissen schließen?
Wie würden Sie die Versuchsanordnung verändern, um das Abschalten von beta - Galactosidase zu untersuchen?


RESISTENZ GEGEN ANTIBIOTIKA.

Bakterien werden durch Antibiotika in ihrem Wachstum gehemmt. Antibiotika greifen spezifisch in Stoffwechselwege ein. Im heutigen Versuch werden wir nur zwei von ihnen kennenlernen, die sich aber in ihrem Wirkungsmechanismus weitgehend voneinander unterscheiden.

Penicillin G

Bakterien (Escherichia coli u.a.) haben eine charakterisch gebaute Zellwand, deren Struktur sonst nirgendwo vorkommt. Die Synthese dieser Struktur wird durch Penicillin gehemmt. Die fertige Struktur kann durch Lysozym - ein Enzym - abgebaut werden. Dieses Enzym ist weit verbreitet, z. B. in Tränen, im Hühnereiklar etc.
Ein Experiment am Rande:

1 ml Eiklar + 1 ml Bakteriensuspension.
Kontrolle: Wasser + Bakteriensuspension;

Proben stehenlassen - was passiert?

Chloramphenicol (Chloromycin)

greift während der Proteinbiosynthese an den Ribosomen ein. Bakterienzellen enthalten Ribosomen, deren Struktur sich in vielen Details von der Ribosomenstruktur eukaryotischer Zellen unteracheidet.
Das Chloramphenicol reagiert vorzugsweise mit den bakteriellen Ribosomen.


Experimentelle Durchführung

Gibt man ein Antibiotikum zum Nährmedium, wird das Wachstum blockiert, selbst wenn man Bakterien in hoher Konzentration (5 x 108 / ml ) ausplattiert. (Ohne Antibiotikum im Agar sollte man die Bildung eines dichten Bakterienrasens erwarten.)
Gelegentlich wird man u. U. einzelne Kolonien finden. Wir haben es hier mit Mutanten zu tun, der Nachkommenschaft eines Bakteriums, welches (zufällig) resistent gegen das zu testende Antibiotikum war.
Plattieren Sie jeweils 0,05 ml auf die Chloramphenicolplatten (rot markiert) und Penicillinplatten (blau markiert) aus. Gleiche Bakteriensuspension verwenden, wie für das Induktionsexperiment.

Die Platten enthalten unterschiedlich viel vom Antibiotikum (Angaben s.o.), - dann wie üblich bei 37°C inkubieren. Sie sollen feststellen, bei welcher Konzentration sich noch ein Rasen ausbildet, d. h. wo die Verträglichkeitsgrenze liegt.

Ist die Grenze scharf, ist das also eine Alles-oder-Nichts Reaktion?
Finden Sie Mutanten?


Am folgenden Versuchsnachmittag wird der Versuch fortgesetzt. Impfen Sie mit einer Impföse eine chloramphenicolresistente Mutante ab, übertragen Sie sie auf

  1. eine neue Chloramphenicolplatte (gleiche Konzentration des Antibiotikums wie in der Platte, der Sie die Kolonie entnommen haben).
  2. eine weitere Chloramphenicolplatte (mit höherer (10-100 x) Chloramphenicolkonzentration als bei 1).
  3. auf eine Penicillinplatte.

Setzen Sie ein reziprokes Experiment mit einer penicillinresisten Mutante an.

Finden Sie Doppelmutanten?
Ist eine Mutante gegen alle Konzentrationen des betreffenden Antibiotikums resistent? Können Sie sich eine Erklärung für mögliche Unterschiede vorstellen?



© Peter v. Sengbusch - b-online@botanik.uni-hamburg.de