1. LON-CAPA Logo
  2. Help
  3. Log In
 



3.06. Photosynthese (2), Atmung (2), Gärung (2),
Manometrie: WARBURG - Technik


bitte mitbringen :

Präparierbesteck (Schere, Präpariermesser)
Filzschreiber ( wasserunlöslich )
Objektträger
Deckgläser

Sie finden am Arbeitsplatz

für je 2 Arbeitsgruppen:

Warburg - Apparatur (Thermostat, eingestellt auf 25°C, Schüttelvorrichtung, Beleuchtung)
Stativ für 8 Manometer

pro Arbeitsgruppe

4 geeichte Manometer (gefüllt mit BRODIE - Lösung)
4 Reaktionsgefäße
Zentrifuge
Bürker- Zähikamer
Mikroskop

Glassachen und Diverses

Gestell mit Reagenzgläsern
Gestell mit Zentrifugengläsern
Kleenex - Tücher
Papierhandtücher
Parafilm
Alu - Folie
Pasteurpipetten
Meßzylinder (100 ml)
Glasstab
Pipetten

5 ml
1 ml
0,1 ml

Pipettenbüchsen
Holzkasten zur Aufnahme von Pipettenbüchsen
Becherglas mit Wasser
Becherglas (2 l, Plastik, für Abfälle)
Chlorella pyrenoidosa (Kulturmethode s.Versuchsanleitung)
Hefe (Saccharomyces cerevisiae) 2%ige Suspension in 5% Glucose 24 Std. vorinkubiert bei 37°C
Mehlwürmer (- larven) (Tenebrio molitor)

Chemikalien

Schliffett
Aqua dest. (Spritzflasche - grün markiert)
Aceton (Spritzflasche - rot markiert)
physiol. NaCl
Mc. Ilvain- Puffer (pH 4.8) Herstellung : A: 0,1 m Citronensäure (19.21 g in 1000 ml Aqua dest.), B: 0,2 m Na2HPO4 (71,7 g Na2HPO4 in 1000 ml. Aqua dest.): 25,2 ml von (A) + 24,8 ml von (B), mit Aqua dest. auf 100 ml aufgefüllt.
Carbonat / Bicarbonat- Gemisch. Herstellung : A : 2 m KHCO2, B: 2 m K2CO3; Mischung (A) und (B) im Verhältnis 75 : 25 (> Partialdruck CO2 = 231 mm BRODIE bei 2O°C)
2 m KOH
0,1 n KCN (Ausgabe durch Assistenten)
Glucose (5%ig)
Fructose (5%ig)
Lactose (5%ig)
Mannose (5%ig)
Saccharose (5%ig)

gemeinsam zu benutzen

Pipettenstutzen, Wannen: zur Aufnahme benutzter Glassachen



VORSICHT
In diesem Experiment wird mit gefährlichen Chemikalien umgegangen:


Aceton ist leichtentzündlich. Behälter an einem gut gelüfteten Ort aufbewahren. Von Zündquellen fernhalten - nicht rauchen. Dampf nicht einatmen. Maßnahmen gegen elektrostatische Aufladungen treffen.
Kaliumcyanid: Sehr giftig beim Einatmen, Verschlucken und Berührung mit der Haut, entwickelt bei Berührung mit Säure sehr giftige Gase, Behälter dicht geschlossen halten, Substanz nicht in die Kanalisation gelangen lassen. Bei Unfall oder Unwohlsein sofort Arzt hinzuziehen (wenn möglich, dieses Etikett vorzeigen)



Theoretische Grundlagen

1. Manometrie

Wir werden heute mit nur einer Methode arbeiten - der Manometrie. O. WARBURG hat die Methode im Detail ausgearbeitet und die nach ihm benannte WARBURG - Apparatur konstruiert. Hierin können im Prinzip alle Reaktionen vermessen werden, bei denen Gase gebildet oder verbraucht werden.
Die Apparatur besteht aus

Zweischenkligen Kapiliarmanometern (beiderseits von 0 - 300 mm graduiert); die mit je einem

WARBURG - Manometer arbeiten nach dem Prinzip der Druckmessung bei konstantem Volumen und konstanter Temperatur. Der Thermostat ist ein Wasserbehälter (Aquarium), in dem das Wasser durch eine regulierbare Heizung und Kühlung auf eine bestimmte Temperatur eingestellt werden kann.

Funktion der Manometer

Die Manometer sind mit einer wässrigen Lösung (BRODIE - Lösung) als Sperrflüssigkeit gefüllt. Die BRODIElösung hat folgende Zusammensetzung

11,5g NaCl in 200 ml H2O und
2,5g Cholsäure (ein Detergens) in

100 ml H2O, dem gerade soviel Natronlauge zugesetzt wird, bis die Cholsäure in Lösung geht. Anschließend werden die beiden Lösungen vereinigt. Einige Tropfen einer konz. alkoholischen Methylenblaulösung werden zur Anfärbung hinzugegeben, damit der Meniskus im Manometer leichter ablesbar ist, das Ganze wird mit H2O auf 500 ml aufgefüllt.
Die Dichte der Lösung beträgt 1,033, so daß 10.000 mm BRODIE (Säulenhöhe) = 760 mm Hg = 1 physikalischen Atmophäre entsprechen. Aus der meßbaren Druckänderungen (mm) und einigen noch zu nennenden Konstanten, kann die Gasmenge delta V (µl) bestimmt werden.

Für die Versuche benutzen wir geeichte Manometer und Reaktionsgefäße (Volumenangabe auf dem Ventilstopfen und auf den Manometern). Gefäße und Manometer lassen sich beliebig miteinander kombinieren. Die Summe der Eichdaten ist das Gesamtvolumen (Vges) des Reaktionssystems bis zur Marke "15" im rechten Schenkel des Manometers. Das Reaktionsgefäß besteht aus einem Hauptraum (in der Form eines kleinen Erlenmeyerkolbens) und einem daran angeschmolzenen Seitenarm. Der Hauptraum enthält außerdem einen Einsatz. Die Komponenten des Reaktionssystems können in den Hauptraum, den Seitenarm oder den Einsatz im Hauptraum einpipettiert werden. Für spezielle experimentelle Fragestellungen existieren Reaktionsgefäße verschiedenster Form und Größe mit zwei oder mehr Seitenarmen. Reaktionsgefäß und Manometer (verbunden durch Glasschliff) bilden während des Versuchs ein abgeschlossenes System. Um einen raschen und vollständigen Gasaustausch im Reaktionsgefäß zu erreichen, wird es während des Versuchs kontinuierlich geschüttelt.

Die Messung der Reaktion

Vor Beginn des Versuchs muß die Reaktionsmischung auf die Temperatur des Wasserbads gebracht werden (= Äquilibierung; ca. 10 - 15 min. bei geöffnetem Manometerhahn im Wasserbad schütteln). Um eine Volumenänderung durch Temperaturdifferenzen während des Versuchs messen zu können, wird ein sogenanntes Thermobarometer (TB) verwendet. Es ist ein Kontrollreaktionsgefäß, in dem alle die Versuchskomponenten enthalten sind, die keinen Beitrag zur Volumenänderung leisten. Die bei dieser Reaktionsgefäß - Manometer - Kombination gemessenen Volumenänderungen müssen bei der Berechnung der Änderungen in den anderen Reaktionsgefäßen berücksichtigt werden.
Beispiel: Ist während der Versuchszeit der Druck im Thermobarometer (hTB) von 15,0 auf 14,3, also um 7 mm gefallen, während im Versuchsansatz ein Druckanstieg (h1) von 15,0 auf 20,0, also um 50 mm gemessen wurde, so beträgt der eigentliche - korregierte - Druckanstieg (h2) 50 + 7 = 57 mm.
Zur Bestimmung der Volumenänderung als f (t) werden die Werte h2 (delta t) mit der "Gefäßkonstanten" multipliziert. Man erhält daraus die Gasvolumenänderung (delta V) bei Normalbedingungen. (0°C, 1 Atmosphäre Druck). Die Dimension der Gasmenge ist µl (= mm3).

Die Gefäßkonstante (K) wird nach folgender Gleichung berechnet:

K = (Vges - Vfl) 273 / (273 + t) + alpha Vfl / P0
Vges: Volumen des Reaktionsgefäßes + Volumen des Manometers (in µl)
Vfl: die im Versuch eingesetzte Flüssigkeitsmenge (µl)
t: die Temperatur des Wasserbades (und somit des Reaktionsgemisches), in unserem Versuch 25°C
P0: Druck von 760 Torr, ausgedrückt durch den Druck der Sperrflüssigkeit: 10.000 mm BRODIE
alpha ist der BUNSENsche Absorptionskoeffizient (= ml Gas gelöst pro ml Reaktionsgemisch bei einer Atmosphäre Gasdruck und der Temperatur t°C). Im Fall von Sauerstoff und Kohlendioxyd kann dieser Faktor vernachlässigt werden, wenn der pH der Reaktionslösung - wie bei unserem Versuch - unter pH 5.0 liegt.


Der BUNSENsche Absorptionskoeffizient beträgt für O2 und CO2 in reinem Wasser:

Temperatur (°C)
alpha O2
alpha CO2
10
0,0379
1,194
15
0,0344
1,019
20
0,0309
0,878
25
0,382
0,759
30
0,261
0,665
35
0,0245
0,592
40
0,0230
0,530


Es ist zweckmäßig, die gemessenen und die errechneten Werte in einer Tabelle zusammenzufassen.




Gärung

Gärungsaktivitäten sind ,,im WARBURG" relativ einfach zu messen. Das Reaktionsgefäß enthält die zu vergärende Substanz (z. B. verschiedene Zucker) und jeweils eine bestimmte Menge (Anzahl, % ....) Hefe (oder eines anderen Mikroorganismus). Da ja allen Gasaustauschmessungen ein Bezugspunkt zugeordnet werden muß, empfiehlt es sich, die Menge in reproduzierbarer Weise einzusetzen.

Man kann, wie wir es am letzten Praktikumsnachmittag getan haben, etwa eine 2%ige Hefesuspension einsetzten. Aber: Das Maß "%" steht in keinem Verhältnis zur Genauigkeit der manometrischen Messung. Wir brauchen deshalb eine genauere Angabe und das sinnvollste scheint hier die Bestimmung der Zellzahl zu sein. BÜRKER- Zälilkammern verwenden - Beschreibung siehe Biologische Übungen: 1.09. Ein anderes - relativ ungenaues Maß - ist das Gewicht von ,,wet packed cells". Methode: Man wiegt ein sauberes Zentrifugenglas, pipettiert eine Suspension von Zellen (Hefe, Algen, Bakterien etc.) hinein und zentrifugiert scharf ab. Der Überstand wird verworfen. Das Sediment im Zentrifugenglas gewogen. Die Gewichtsdifferenz zu dem leeren Glas ist das Gewicht der Zellen. Diese Menge läßt sich in einem definierten Volumen Suspensionslösung resuspendieren und für verschiedenste Experimente einsetzen.
Es ist oft notwendig, 2 solche Bezugsgrößen zu bestimmen. Das erlaubt einem im Anschluß daran, auch eine Aussage über das Gewicht der einzelnen Zelle - und auch dafür sollte man sich in der Biologie interessieren.

Noch eine Bemerkung zur Gärung: Man muß sich natürlich sicher sein, daß das gebildete Gas CO2 ist. Um das zu testen, kann man in einem Parallelansatz 0,2 ml KOH in einen der Einsätze im Reaktionsgefäß geben. KOH absorbiert CO2 + / - vollständig, so daß man in dem Gefäß bei einer Gärung keinerlei Druckdifferenzen nachweisen sollte.



Atmung; Respiratorischer Quotient (RQ)

Die Messung der Atmung ist etwas komplexer, als die Gärungsmessung, denn hierbei haben wir es einmal mit dem Verbrauch eines Gases (O2) und der Bildung eines Gases (CO2) zu tun. Wenn O2 - Verbrauch und CO2 - Bildung gleich sind, dürfte man keinerlei Gasvolumendifferenzen nachweisen. Gibt man KOH in einen der Einsätze, so müsste man eine Volumenreduktion feststellen können.
Eine sinnvolle Größe zur Messung des Gasaustausches ist der Atmungsquotient (Respiratorischer Quotient) RQ:

RQ = Mol CO2 / Mol O2

Der RQ hängt von der Substanz ab, die ein Organismus veratmet. Im einfachsten Fall sind es Kohlenhydrate

C6H12O6 + 6 CO2 > 6 H2O + 6 CO2

Das Volumen von 6 Mol O2 ist gleich dem Volumen von 6 Mol CO2, daher

RQ = 6 CO2 / 6 O2 = 1,00

1 Liter O2 entspricht somit der Oxydation von

180 / 6 x 22,4 = 1,34 g. Kohlenhydrat (180 ist das Molekulargewicht von Glucose)

Veratmet werden können jedoch auch andere Substanzen (Fette, Proteine, Organische Säuren u.a.)
Fette : Beispiel: Tripalmitin, Summenformel : C51H98O6(Molekulargewicht: 806)

2 C51H98O6 + 145 O2 > 102 O2 + 98 H2O.

Der RQ ist damit 102 / 145 = 0,703. 1 Liter O2 entspricht somit der Oxydation von

2,806 / 145 x 22,4 = 0,496 g Fett

Zu einem entsprechend ähnlichen RQ kommt man bei der Oxydation von Proteinen: RQ = 0,8. Bei einem Gemisch von Fetten und Kohlenhydraten steigt der Wert mit dem Anteil der Kohlenhydrate. Läßt man Tiere (z. B. Küchenschaben) einige Tage hungern, so beobachtet man, daß der RQ anfangs bei 1,0 - 0,85 liegt, was darauf hinweist, daß zunächst gespeicherte Kohlenhydrate (Glycogen) abgebaut werden. Nach einer gewissen Zeit sinkt der Wert wieder auf 0,7, weil das Glycogen aufgebraucht ist und die Fettreserven angegriffen werden. Läßt man die Tiere noch länger hungern, kommt es zu einem erneuten leichten Anstieg. Ursache: Nach Verbrauch des Fettes werden körpereigene Proteine als Energielieferanten verbraucht (und damit ist man bereits in der letzten Lebensphase).
Der RQ liegt über 1, wenn organische Säuren, z. B. Milchsäure, veratmet werden. Aus der Größe des RQ und der Menge des je Zeiteinheit verbrauchten Sauerstoffs läßt sich der Energieumsatz eines Organismus ermitteln.

Wir werden im Praktikum nur eine einfache RQ-Bestimmung durchführen. Als Versuchstiere dienen Larven des Mehlwurms (Tenebrio molitor). In einem Gefäß werden wir das CO2 mit KOH abfangen, während wir es im Parallelansatz nicht absorbieren. Eine gewisse Ungenauigkeit müssen wir heute in Kauf nehmen, denn die Gewichte (und möglicherweise auch die Stoffwechselaktivitäten) der Tiere sind nicht untereinander identisch. Wir können deshalb noch etwas weiteres tun und zwar:

  1. die Atmung über eine bestimmte Zeit verfolgen, so daß wir sicher sind, ein genaues Meßergebnis zu haben.

  2. Der Versuch wird unterbrochen. Wir geben 0,2 ml KOH in den Seitenarm des Gefäßes, äquilibrieren das System etwa 10 min. lang, stellen das Manometer wieder auf die "Marke 15" ein und beginnen eine neue Meßserie. Anschließend werden beide Serien miteinander verglichen.



Photosynthese

Hier tritt folgendes Problem auf: Bei der Photosynthese wird O2 gebildet und CO2 verbraucht. Gleichzeitig läuft die Atmung ab, d.h. CO2 wird gebildet, O2 verbraucht. Das bedeutet, daß die gemessene Druckdifferenz die Differenz zwischen Photosynthese und Atmungsaktivität darstellt.

delta ha = Photosyntheserate - Atmungsaktivität

Um die Photosyntheseaktivität zu messen, brauchen wir somit noch ein zweites Gefäß, in dem wir nur die Atmungsaktivität messen (experimentell sehr einfach: das Gefäß muß verdunkelt sein).

delta hb = Atmungsaktivität

dann ist die Photosyntheserate

= ha + hb

Dieser Ansatz ist in grober Näherung richtig, vernachlässigt jedoch die Tatsache, daß die Atmungsaktivität bei Licht höher als bei Dunkelheit sein kann (sog. Lichtatmung). Analog zum RQ kann man hier einen Assimilationskoeffizienten (a) errechnen:

a = O2 - Produktion / O2 - Verbrauch

Diese Betrachtung ist besonders für ökologische Fragestellungen von Interesse, z. B. für die (bis heute nicht befriedigend beantwortete) Frage: Wie hoch ist der Anteil der O2 - Produktion in Grünanlagen einer Stadt, im Verhältnis zum O2 - Verbrauch in der Stadt (Veratmung durch Menschen, Tiere und Pflanzen, Verbrauch durch Verbrennung... etc.)
Noch ein Punkt zu den Photosynthesemessungen im WARBURG. Das wenige CO2 in unserem Reaktionsgefäß wäre schnell aufgebraucht. WARBURG erfand eine Methode, um dem abzuhelfen. In den Seitenarm des Gefäßes gibt man nämlich ein Gemisch von Carbonat und Bicarbonat. Die Konzentrationen der Komponenten stehen hierbei in dem folgenden Gleichgewicht

K2CO2 + H2O + CO2 < > 2 KHCO3
K = [KHCO3] / [K2CO3] [CO2] ]H2O]

Wird CO2 aus dem Reaktionsgleichgewicht entfernt, wird es permanent nachgebildet. Die Lösung wirkt somit als ein "CO2 - Puffer" für den Gasraum. Je nach dem vorhandenen Carbonat / Bicarbonat -Verhältnis wird ein praktisch konstanter CO2 Partialdruck im Gasraum aufrechterhalten. Ein hoher Wert für [K2CO3] / [KHCO3] ergibt einen niedrigen CO2 Partialdruck und umgekehrt.

Wenn man Photosynthesemessungen quantitativ durchführen möchte, braucht man natürlich ein geeignetes Versuchsobjekt. Man könnte natürlich Spinatchloroplasten nehmen, wie bei der HILL - Reaktion. Eine Schwierigkeit ergibt sich jedoch hier bei der Präparation. Unsere Präparate wären noch nicht sauber genug, und Sie würden beim Auszählen der Chloroplasten unter dem Mikroskop genügend Ärger haben und keine eindeutige Zahl / ml angeben können. Der Aufwand zur Darstellung einer einheitlichen Chloroplastenpräparation ist für ein Kurspraktikum zu hoch. Man müßte eine Zentrifugation im Dichtegradienten durchführen, und die allein dauert schon einige Stunden. Im Fortgeschrittenenpraktikum kann man so etwas machen. Spinatchloroplasten gehören trotz der genannten Schwierigkeit zu den bevorzugten Objekten der Photosyntheseforschung. Eine Alternative bieten einzellige Grünalgen; und hier müssen wir schon wieder O. WARBURG zitieren. Er führte nämlich 1919 Algen aus der Gattung Chlorella in die Photosyntheseforschung ein. Es gibt mehrere, recht schwer voneinander zu unterscheidende Arten von Chlorella u.a.

Chlorella vulgaris und
Chlorella pyrenoidosa

Einer der Unterschiede zwischen Chlorella vulgaris und Chlorella pyrenoidosa liegt darin, daß Chlorella vulgaris keine Hydrogenaseaktivität zeigt, während man sie bei Chlorella pyrenoidosa nachweisen kann. Natürlich könnte man auch hier wiederum versuchen, Algen aus dem nächsten Teich zu fischen und in Kultur zu nehmen. Doch der Aufwand des Ansetzens einer Reinkultur und des Bestimmens der Art sind so hoch, daß sich das nicht lohnt, wenn man die Algen eigentlich für etwas ganz anderes haben möchte, hier: zur Messung der Photosyntheseaktivität.

Die Laboratorien, die heute an Photosyntheseproblemen arbeiten, verwenden hierfür ganz genau definierte Laborstämme, die man schon seit Jahrzehnten kennt. Es ist ein echter Vorteil, wenn viele Labors an einem Objekt arbeiten, denn nur dann lassen sich die Ergebnisse sinnvoll miteinander vergleichen und sind nicht irgendwelche uninteressanten Nebenerscheinungen einer bestimmten Art (oder eines Stammes). Um sicher zu gehen, daß man stets das gleiche Ausgangsmaterial hat, hat es sich bewährt, zentrale Stammsammlungen anzulegen, von denen man bestimmtes Material anfordern kann. In Deutschland ist für Algen die Algensammlung des Pflanzenphysiologischen Instituts der Universität Göttingen zuständig (ursprünglich von E. G. PRINGSHEIM angelegt). Auch wir haben unsere Algen von dort bezogen. Die genaue Bezeichnung des Stamms lautet Chlorella pyrenoidosa (211- 8b )

Chlorella kann man unter sterilen Bedingungen auf Agar ziehen und sich somit von einer Stammkultur eine Reihe Tochterkulturen anlegen. Der Agar enthält keine Kohlenhydratzusätze; somit kann Bakterienwachstum auf ein Minimum reduziert werden.
Um viel Algen zu erhalten, kultiviert man sie in einem belüfteten mineralischem Nährmedium (bei 25°C Dauerlicht und Durchfluß von ca. 20 l Luft / Stunde). Wir verwenden dafür einen speziell gebauten Lichtthermostaten, übrigens auch eine Entwicklung aus dem Pflanzenphysiologischen Institut Göttingen.
Wenn Sie Zeit haben, sehen Sie ihn sich an, er steht im Vorbereitungsraum des Praktikums (in Fortgeschrittenenpraktika werden wir Algen unter verschiedensten Kulturbedingungen anziehen).

Einige Daten zu Chlorella

Ø 4 - 10 µ, asexuelle Teilung in Tochterzellen
Organisches Material (auf Trockengewichtsbasis): 50% Protein, 30 % Kohlenhydrate, 15% Fett, 5% Asche, hieran können Sie erkennen, warum man sich in der Ernährungswissenschaft für Algen interessiert.
Der Chlorophyllgehalt schwankt zwischen 1 und 4%. Chlorella kann autotroph wachsen (Photosyntheseaktivität). Sie kann jedoch auch heterotroph in einem glucosehaltigen Medium gehalten werden (auch im dunklen !). Es gibt auch chlorophyllfreie oder nahezu chlorophyllfreie und chlorophyllarme Mutanten, die man im Labor unter heterotrophen Bedingungen kultivieren kann. Die Nährlösung, in der wir die Algen vermehren, wird wie folgt hergestellt (nach KUHL und LORENZEN, 1964):

 
Nährlösung
(mg/ml)
Stammlösung
KNO3
1011,10 < 10 ml <
10.111 g / 100 ml
NaH2PO4 x H2O
621,0 < 10 ml <
6,21 g / 100 ml
Na2HPO4 x 2 H2O
(= Na2HPO4 x 12 H2O)
89,0
(179,0) < 10 ml <
1,79 g / 100 ml
MgSO4 x 7 H2O
246,5 < 10 ml <
2,465 g / 100 ml
CaCl2 x 2 H2O
14,7 < 10 ml <
0,147 g / 100 ml
H3BO3
0.061 < 0,1 ml <
0,033 / 50 ml
MnSO4 x H2O
0,169 < 0,1 ml <
0,0845 g / 50 ml
ZnSO4 x 7 H2O
0,287 < 0,1 ml <
0,1435 g / 50 ml
CuSO4 x 5 H2O
0,00249 < 0,1 ml <
0,001245 g / 50 ml
(NH4)6Mo7O4 x 4 H2O
0,01235 < 0,1 ml <
0,006175 g / 50 ml
FeSO4, komplexiert mit EDTA
6,95 < 1 ml <
0,699 g FeSO4 x 7 H2O 0,93 g EDTA
Summe:
51,5 ml
auf 1000 ml
auffüllen
 


Die Lösung wird vor Gebrauch autoklaviert



EXPERIMENTELLER TEIL

1. Gärung

Versuchsobjekt : Hefe (Saccharomyces cerevisiae). Die Hefe wurde 3 Stunden lang in einer Glucose -Lösung vorinkubiert (2% Hefe, 5% Glucose). Anschließend wurden die Zellen abzentrifugiert, in physiol. Mc Ilvain - Puffer resuspendiert, erneut zentrifugiert (gewaschen) und wieder resuspendiert. Sinn der Übung: die extrazelluläre Glucose sollte entfernt werden.


Experimenteller Ansatz: pipettieren Sie in den Hauptraum von je einem Reaktionsgefäß

0,25 ml Zuckerlösung *
2,75 ml Hefesuspension

* Gruppe A

Gefäß 1: Kontrolle H2O (TB)
Gefäß 2: Glucose (5%)
Gefäß 3: Fructose (5%)
Gefäß 4: Lactose (5%)

* Gruppe B

Gefäß 1: Kontrolle H2O (TB)
Gefäß 2: Glucose (5%)
Gefäß 3: Mannose (5%)
Gefäß 4: Saccharose (5%)

Äquilibrieren Sie die Proben. Messen Sie die Vergärbarkeit der Zucker. Meßpunkte: alle 3 Minuten. Verfolgen Sie die Reaktion über 30 min.

Experiment 2

überlegen Sie, ob die Ergebnisse im vorherigen Experiment sinnvoll auswertbar sind. Wenn es Schwierigkeiten gab, ändern Sie die Verhältnisse im Reaktionsansatz, etwa: doppelte (oder halbe) Menge Hefe. Wenn alles o.k., dann Aufgabe: Abfangen des CO2. Ansatz wie bei 1 (oder nach Ihren Erfahrungen abgewandelt):

Gefäß 1
Hefe
Wasser
2,75 ml
0,25 ml
Gefäß 2
Hefe
Wasser
2,75 ml
0,25 ml
Gefäß 3
Hefe
Glucose
2,75 ml
0,25 ml
Gefäß 4
Hefe
Glucose
2,75 ml
0,25 ml
Füllen Sie in den Einsatz der Gefäße
1 + 3
0,4 ml Mc Ilvain Puffer
2 + 4
0,4 ml KOH

äquilibrieren, messen, wie (1.)

Zellzahl

Verdünnen Sie die Hefesuspension in Zehnerschritten und bestimmen Sie mit Hilfe der BÜRKER- Zähikammer und dem Mikroskop die Zellzahl.


2. Atmung, Atmungskoeffizient (RQ)

Versuchsobjekt: Larven von Tenebrio molitor: Bestimmen Sie das Gewicht einer Larve

.
1. Ansatz

a) mit KOH im Einsatzgefäß (0,4 ml)
b) mit Mc Ilvain Puffer im Einsatzgefäß (0,4 ml)

2. Ansatz

4 Larven pro Reaktionsansatz

a) und b) siehe oben.
Meßdauer: ca. 40 min. Bestimmen Sie

  1. den Verbrauch an Sauerstoff
  2. die Produktion des CO2
  3. den RQ

Berechnen Sie die Gasmengen auf 1 g Körpergewicht.


3. Photosynthese

Die gestellte Algensuspension wird in der Laborzentrifuge bei maximaler Geschwindigkeit zentrifugiert (vorher Zentrifugenglas wiegen). Der Überstand - bestehend aus der Nährlösung und einigen wenigen, nicht sedimentierten Zellen - wird vorsichtig abgekippt. Das Sediment wird in einer physiologischen NaCl - Lösung suspendiert, die Zellen werden gewaschen, d.h. die noch vorhandenen Reste der Nährlösung werden verdünnt. Nach vollständiger Suspension (vorsichtig mit dem Glasstab rühren) wird erneut zentrifugiert. Der Überstand wird wiederum vorsichtig abgekippt und verworfen. Das Sediment wird in 15 ml Mc IlvainPuffer suspendiert.
Um eine konstante CO2 - Menge im Reaktionsgefäß zu erhalten, wird - wie schon gesagt - ein Carbonat / Bicarbonat - Puffer hergestellt. Hierzu werden die Lösungen

A: 2 m KHC03
B: 2 m K2CO3

benötigt. Die Lösungen A und B werden im Verhältnis 75 : 25 gemischt (Meßzylinder verwenden). Hierbei entsteht ein Puffer, der bei 20°C im Reaktionsgefäß einen CO2 Partialdruck von 231 ml. BRODIE erzeugt - ausreichend, um genügend CO2 für die Photosynthese zu haben.

Versuchsansätze: Die Gefäße werden wie folgt gefüllt

Gefäß 1

Hauptraum; 3 ml der Algensuspension
Seitenarm: 0,5 ml des Carbonat / Bicarbonat - Gemisches
Einsatz im Hauptarm: 0,4 ml Mc Ilvain Puffer

Gefäß 2

Hauptraum: 3 ml der Algensuspension
Seitenarm: 0,5 ml des Carbonat / Bicarbonat - Gemisches
Einsatz im Hauptarm: 0,4 ml 2 n KOH

Gefäß 3

Gefäß 4


Die Druckunterschiede werden - nach Äquilibrierung - und Schließen des Manometerhahns alle 10 min. abgelesen. Dauer des Versuchs: 60 - (90) min.

Auswertung

In Gefäß 2 wird nur die Atmung der Algen gemessen, da jegliches freie CO2 durch die KOH - Lösung absorbiert wird und kein CO2 bereitgestellt wird. In Gefäß 1 wird die Differenz zwischen O2 - Produktion durch Photosynthese und O2 -Verbrauch durch Atmung gemessen. Um die gesamte O2 - Produktion zu bestimmen, muß der Wert für die verbrauchte O2 - Menge (Gefäß 2) der in Gefäß 1 gemessenen Differenzmenge hinzugezählt werden. Im Ansatz 3 wird die Reaktion bei Dunkelheit gemessen. Da dort keine Photosynthese stattfindet, sollte ein O2 - Verbrauch (durch Atmung) zu messen sein.
Bis hierher ist nur von absoluten Voluruenänderungen in µl / Zeiteinheit (min.) die Rede. Um sinnvolle Aussagen zu erhalten, müssen diese Werte einem Bezugspunkt zugeordnet werden. Also z.B.

  1. O2 - Produktion (oder - Verbrauch) / Zeiteinheit / Gramm Algen oder
  2. O2 - Produktion (oder -Verbrauch) / Zeiteinheit / Zelle

Ein Mol eines Gases nimmt den Raum von 22,4 l ein pro Mol. L = 6,02 x 1023 Moleküle (Loschmidtsche Zahl). Somit läßt sich die Zahl der O2 - Moleküle im µl bestimmen.
zu 1.
Das Gewicht der Algen läßt sich annähernd wie folgt bestimmen:

a) Auswiegen eines 10 ml Zentrifugenröhrchens
b) Einfüllen von 5 ml der Suspension
c) scharf abzentrifugieren (10' bei maximaler Geschwindigkeit); es darf im Überstand keine Grünfärbung zurückbleiben. Überstand vorsichtig abgießen (abdekantieren)
d) Sediment und Zentrifugenglas wiegen
e) Gewicht der Algen aus 5 ml Suspension Differenz aus (Zentrifugenglas und Algen) und (Zentrifugenglas allein)

Der hier gemessene Wert stellt das Gewicht der feuchten Zellen dar (in der engl. Literatur: wet packed cells). Aus dem gemessenen Wert läßt sich das Gewicht (in g oder mg) der Algen von 1 ml Suspension berechnen. Außerdem läßt sich errechnen, wieviele ml einem mg Algen entsprechen. Dieser Wert soll als Bezugswert für die O2 - Produktion, bzw. den Verbrauch genommen werden, d.h. berechnen Sie

a) O2 - Produktion / Stunde / mg Algen
b) O2 - Verbrauch / Stunde / mg Algen

Unter dem Assimilationskoeffizienten versteht man

a = O2 - Produktion / O2 - Verbrauch

Die Differenz zwischen O2 - Produktion und O2 -Verbrauch bezeichhet man als Bilanz der Photosynthese. Geben Sie die O2 - Mengen als

a) µl - Mengen
b) µMol - Mengen
c) Anzahl von Molekülen an.

zu 2.

Welches Gewicht hat eine Algenzelle?

Um das zu bestimmen, muß die Anzahl der Zellen im ml der Suspension ausgezählt werden.
Hierzu braucht man ein Mikroskop und eine Zähikammer. Die Zählkammer ist im Prinzip ein Objektträger mit einer Graduierung und einem definierten Abstand zwischen Objektträger und einem speziellen Deckglas (es ist dicker als die üblichen, damit es sich nicht durchbiegt). Zur Zählung der Zellen wird die Suspension 1 : 1000 verdünnt. Eine so hohe Verdünnung kann nicht in einem Verdünnungsschritt vollzogen werden, da sie sonst zu ungenau würde (Pipettenfehler). Man verdünnt die Suspension daher zunächst 1 : 10 und diese verdünnte Suspension anschließend 1 : 100, d.h.

  1. 0,5 ml Suspension und 4,5 ml Mc Ilvain Puffer daraus
  2. 0,1 ml und 9,9 ml Mc Ilvain Puffer

Von (2.) wird ein Aliquot (ein kleiner Teil) auf die Zählkammer aufgetragen. Man wartet einige Minuten, bevor sich alle Zellen auf dem Boden der Zählkammer abgesetzt haben (damit sie in einer optischen Ebene liegen und gleichzeitig alle scharf abbildbar sind). Um einen möglichst genauen Wert zu erhalten, wiederholt man die Auszählung 3 mal. Unter Berücksichtigung des Volumens der Zählkammer und des Verdünnungsfaktors läßt sich die Zahl der Algen in ml des Versuchsansatzes bestimmen. Da inzwischen auch das Gewicht der Algen / ml bekannt ist, läßt sich das Gewicht einer einzelnen Algenzelle bestimmen. Hat man erst einmal diesen Wert, so lassen sich die folgenden Werte errechnen

O2 - Produktion / Minute / Zelle
O2 - Verbrauch / Minute / Zelle

Wieviele Moleküle O2 produziert eine Zelle pro Minute (evtl. pro Sekunde), wieviele verbraucht sie?
Pro Jahr werden auf der Erde 110 Milliarden Tonnen O2 produziert.
Wieviele Zellen werden benötigt, um diese Menge zu erzeugen?
Natürlich sollen die "errechneten" Werte nur eine grobe Abschätzung darstellen - sie geben aber einen sinnvollen Eindruck von der Größenordnung. Nennen Sie einige der Fehlerquellen einer solchen Extrapolation.

Anregung für weitere Versuche zur Photosvnthese mit der WARBURG - Technik

  1. Photosynthese bei verschiedenen Lichtintensitäten.
  2. Photosynthese bei verschiedenem CO2 - Partialdruck.
  3. Photosyntheserate verschiedener Algenarten (oder Chloroplasten aus Spinat).
  4. Photosyntheserate bei Anwesenheit von Giftstoffen (z. B. Atemgiften wie: Cyanid oder ,,undefinierten" Abwässern)
  5. Photosyntheserate bei Licht verschiedener Wellenlänge (= Aktionsspektrum). Bei welchen Wellenlängen ist eine Photosyntheseaktivität zu erwarten?
  6. Photosyntheseaktivität in Äbhängigkeit von der Temperatur.



© Peter v. Sengbusch - b-online@botanik.uni-hamburg.de