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Solanales


Die Ordnung Solanales steht den Gentianales phylogenetisch sehr nahe. Verbindende Merkmale sind einmal die Ähnlichkeiten im Blütenbau, zum anderen das Vorkommen bikollateraler Leitbündel, wenngleich sie bei den Gentianales weit häufiger als bei den Solanales anzutreffen sind. Aufgrund embryologischer Merkmale sind die Solanales gegenüber den Gentianales als progressiver einzustufen, denn ihr Embryo ist von Anfang an zellulär, während der der Gentianales anfangs nukleär ist. Die Blattstellung der Solanales (wechselständig) ist gegenüber der der Gentianales als primitiv zu werten, wobei ungeklärt ist, ob die gemeinsamen Vorfahren beider Ordnungen wechselständige Blätter besaßen oder ob die Sjlanales sie sekundär erworben haben.

Im Unterschied zu den Gentianales produzieren die Solanales keine herzwirksamen Glykoside und keine iridoiden Verbindungen, statt dessen werden Tropan- und andere Alkaloide gebildet. Es gibt jedoch gewisse Übereinstimmungen im Alkaloidmuster bei einigen Arten aus den Familien der Solanaceae und Loganiaceae. Unter den Solanales findet man weniger Holzpflanzen als unter den Gentianales.

Gegenüber den anschließend zu besprechenden Ordnungen Lamiales und Scrophulariales sind folgende Abgrenzungen anzuführen. Gegenüber Lamiales: deutliche Unterschiede im Bau des Gynoeceums und der Frucht. Gegenüber Scrophulariales: Deutliche Unterschiede im Blütenbau, die Corolla der Scrophulariaceenblüte ist zygomorph; Scrophulariaceen besitzen niemals bikollaterale Leitbündel. Sie enthalten iridoide Substanzen, gelegentlich herzwirksame Glykoside, aber keine Alkaloide.

Die ca. 5000 Solanales lassen sich sieben Familien zuordnen, von denen die Solanaceae mit 2800 Arten und die Convolvulaceae mit 1500 Arten die dominierenden sind. Von den artenärmeren Familien seien Cuscutaceae und Polemoniaceae genannt. Aufgrund morphologischer Merkmale konnte eine recht enge verwandtschaftliche Beziehung zwischen den Solanaceae und den Convolvulaceae einerseits, und den Convolvulaceae und den Cuscutaceae andererseits, ermittelt werden. Unter Berücksichtigung vornehmlich chemischer Merkmale (sekundäre Pflanzenstoffe und Proteine [serologische Daten]) konnte R. DAHLGREN diese Verwandtschaftsbeziehungen nicht bestätigen. Er schlug daher, unter Einbeziehung weiterer, hier nicht genannter Familien, ein alternatives phylogenetisches Schema vor.

Solanaceae: Die Solanaceae (Nachtschattengewächse) sind Kosmopoliten. Ihre Blüten stehen meist in Wickeln, selten einzeln. Die Scheidewand des Fruchtknotens ist schräg zur Mediane (Mittellinie) der Blüte gestellt. Die Fruchtform ist eine Beere, seltener eine Kapsel (z.B. bei Datura). Familientypisch sind die hochgiftigen Tropan-Alkaloide, die u.a. aus folgenden bekannten Arten isolierbar sind:

Atropa belladonna (Tollkirsche)
Datura stramonium (Stechapfel)
Hyoscyamus niger (Bilsenkraut)
Scopolia carniolica (Tollkraut).

Nicotin, ein Pyridinalkaloid, wird in Blättern verschiedener Nicotiana-(Tabak-) Arten gespeichert und kann dort bis zu 10 Prozent Gewichtsanteil erreichen. Außer dem Nicotin enthalten die Blätter eine Anzahl ihm ähnlicher Derivate. In konzentrierter Form werden sie im Gartenbau als Insektenvertilgungsmittel eigesetzt. Arten der Gattungen Solanum und Lycopersicon u.a. enthalten alkaloidähnliche Substanzen mit Saponineigenschaften. Hierzu rechnet man das Solanidin, das in Früchten von Solanum tuberosum (Speisekartoffel), Solanum nigrum (Schwarzer Nachtschatten) und Solanum dulcamara (Bittersüßer Nachtschatten) anzutreffen ist. Die Knollen von Solanum tuberosum und die Früchte von Solanum melongena (Aubergine) sowie die von Lycopersicon esculentum (Tomate) sind frei davon. Einige Capsicum-Arten enthalten N-haltige, scharf (brennend) schmeckende Capsaicine. Zur Veranschaulichung sei auf Capsicum frutescens (Chilli) und Capsicum annuum (Paprika) verwiesen. Die Blüten von Brunfelsia pauciflora enthalten einen sehr schnell verbleichenden Farbstoff.

Eine Anzahl von Solanaceen sind klassische Objekte der botanischen Grundlagenforschung in den verschiedensten Disziplinen: Nicotiana, Solanum, Datura.

Convolvulaceae: Die Convolvulaceae oder Windengewächse sind Kräuter oder Stauden mit meist windenden Sprossen. Die Blätter sind einfach, die Blüten groß und mit einer trichterförmigen bis fast radförmigen, in der Knospenlage gedrehten Blütenkrone versehen. Der Rand ist bei den meisten Arten glatt, so daß die Zahl der Petalen durch einfache Beobachtung nicht bestimmt werden kann. Eine Klärung kann durch histologische Analyse erbracht werden.

Die Convolvulaceae sind in den Tropen, Subtropen und in der gemäßigten Zone verbreitet. Zu den Gemeinsamkeiten mit den Solanaceen gehört das Vorkommen bikollateraler Leitbündel und von Tropan-Alkaloiden.

Die artenreichste Gattung ist Ipomoea. Zahlreiche ihrer Arten werden als Zierpflanzen kultiviert; Ipomoea batates (Süßkartoffel oder Batate) liefert in den Tropen und Subtropen als wichtiges Nahrungsmittel dienende, stärkehaltige Knollen. Ein Hauptproduzent der Süßkartoffel ist Japan. Zu den mitteleuropäischen Vertretern der Familie gehören Convolvulus arvensis (Ackerwinde), Convolvulus soldanella (Strandwinde) und Convolvulus sepium (Zaunwinde).

Cuscutaceae: Die einzige Gattung der Cuscutaceen ist Cuscuta (Seide, Zwirn), sie ist durch parasitische Lebensweise charakterisiert. Die Blüten sind klein und stehen meist in Köpfchen. Die Blätter sind chlorophyllfrei und zu Schuppen reduziert. Der Sproß ist im Verhältnis zu seiner Länge sehr dünn, daher auch die oben genannten deutschen Namen. Viele Autoren zählen Cuscuta zu den Convolvulaceae, andere bewerten die Cuscutaceae als Unterfamilie der Convolvulaceae. Die Unterschiede im Blütenbau und die spezialisierte Lebensweise rechtfertigen es jedoch, Cuscuta in eine eigenständige, wenngleich mit den Convolvulaceae eng verwandte Familie, zu stellen.

Polemoniaceae: Zu den Polemoniaceae oder Sperrkrautgewächsen gehört die in Gärten in mehreren Arten angepflanzte Gattung Phlox. Als Vertreter der heimischen Flora wäre Polemonium coeruleum (Himmelsleiter) zu nennen, und als Objekt der Evolutionsforschung haben wir Gilia kennengelernt. Die Gilia-Arten sind Kräuter oder Stauden mit zum Teil stark gefiederten Blättern. Die Corolla ist bei einigen Arten zygomorph.


© Peter v. Sengbusch - b-online@botanik.uni-hamburg.de