Leitgewebe dienen dem Transport von Wasser und darin gelösten Salzen, von Photosyntheseprodukten (Assimilaten), Wachstumsregulatoren (z.B. gewissen Phytohormonen), und, last not least, Schadstoffen und Parasiten. So werden Viren und Mycoplasmen via Leitbahnen über den gesamten Vegetationskörper verteilt. Man unterscheidet üblicherweise zwischen den Elementen der Wasserleitung (Xylem) und denen der Assimilatleitung (Phloem) (= Holzteil und Bastteil). Beide zusammen sind zu Leitbündeln vereint. Sie enthalten - außer wenigen lebenden - zum überwiegenden Teil tote Zellen. Betont sei, daß dem Phloem das hier im Zusammenhang mit dem Xylem besprochen wird, im Gegensatz zu den übrigen, in diesem Kapitel beschriebenen Zell- und Gewebetypen keinerlei Stützfunktion zukommt.
Die verholzten Zellwände der Xylemelemente (wir können hier zunächst vereinfachend von Holz sprechen) können Jahrtausende überdauern. In versteinertem Zustand haben sie sich als ideale Leitfossilien zum Nachweis des ersten Auftretens und der Ausbreitung der großen taxonomischen Gruppen terrestrischer Pflanzen erwiesen.
Echte Leitbündel sind für die Gefäßpflanzen (Trachaeophyten: Pteridophyten, Phanerogamen) kennzeichnend. Bei Thallophyten findet man allenfalls Ansätze von Systemen mit Leitfunktionen, doch sind diese nicht mit den Geweben der Gefäßpflanzen homologisierbar. Primitive Leitbündel kommen bei den Laubmoosen vor.
Die Art der Zellen und die Anordnung der Leitbündel in Sproß und Wurzel sind zuverlässige Merkmale zur Charakterisierung einzelner Pflanzenklassen. Das Xylem fast aller Angiospermen enthält drei Zelltypen:
Tracheen (Gefäße),
Tracheiden
und die bereits besprochenen Xylemfasern.
Den meisten Gymnospermen fehlen die Tracheen. Die wenigen Ausnahmen weisen auf die verwandtschaftliche Beziehung zwischen Gymnospermen und Angiospermen hin.
Bei den Monokotyledonen sind die Leitbündel im Sproß scheinbar verstreut verteilt. Bei den Dikotyledonen und vielen Gymnospermen sind sie in einem peripher gelegenen Ring angeordnet. Xylem und Phloem sind dabei durch ein meristematisches Gewebe (Kambium) voneinander getrennt. Das Kambium ermöglicht sekundäres Dickenwachstum. Im Sproß der Pteridophyten und in den Wurzeln der Phanerogamen liegen die Leitbündelstränge zentral.
Im folgenden werden zunächst die Zellen des Xylems und Phloems sowie deren Phylogenie behandelt. Im Anschluß daran folgen die Besprechung der Monokotyledonen- und Dikotyledonenleitbündel (so wie sie sich in Querschnitten darstellen), ferner des sekundären Dickenwachstums und damit zusammenhängend, die Bildung und Struktur von Gymnospermen- und Angiospermenholz. Schließlich müssen wir uns mit der Anordnung von Leitgeweben in Wurzeln und der dreidimensionalen Anordnung und den Verzweigungen im Sproß befassen.
|