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Matrixpolysaccharide: Weitere Polysaccharide der Primärwand; Glykoproteine


Neben der Cellulose kommen, sowohl in der Primär- als auch in der Sekundärwand, Heteropolymere vor, die man traditionsgemäß zwei Polysaccharidklassen zuordnet: den Pektinen und den Hemicellulosen. Pektine sind im wesentlichen Polygalacturonsäuren, mit wechselnden Anteilen von D-Galactosyl-, L-Arabinosyl- oder L-Rhamnosylresten.

Sie sind in der Mittellamelle, der Schicht zwischen benachbarten Zellen, vorherrschend. Hemicellulosen sind kurzkettige, und daher teilweise lösliche Polymere, die aus Xylosyl-, Glucosyl-, Galactosyl-, Arabinosyl- oder Mannosylresten aufgebaut sind. Je nach dominierendem Zucker spricht man von Xylanen, Galactanen oder z.B. von Arabinogalactanen, wenn die beiden Zucker im Polymer etwa gleich häufig sind. Die Grenzen zwischen den beiden Klassen sind fließend. Die Analyse der Zusammensetzung und Struktur der Matrixpolysaccharide (und anderer Bestandteile) führte in den letzten Jahren zu einer Reihe neuer Befunde. Das beruhte einmal auf der Wahl geeigneter Versuchsobjekte, zum anderen auf dem Einsatz empfindlicher analytischer Verfahren.

Als besonders günstig erwies sich das Arbeiten mit Zellkulturen des Ahorns (Acer platanoides), denn unter bestimmten Kulturbedingungen bilden die Zellen nur Primärwände aus. Darüber hinaus sezernieren sie Polysaccharide ins Medium, die in ihrer Zusammensetzung denen der Wand gleichen. Kürzlich zeigte es sich, daß bestimmten, aus der Wand freigesetzten Oligosacchariden spezifische regulatorische Funktionen zukommen. Sie beeinflussen das Wachstum und die Differenzierung anderer Zellen und Gewebe und sind an Abwehrreaktionen gegenüber Pilzen und anderen Mikroorganismen beteiligt. Solche Oligosaccharide werden nunmehr Oligosaccharine genannt.

Als Analyseverfahren boten sich die Gaschromatographie und die Analyse enzymatisch partiell abgebauter Polymere an, später kam die Massenspektroskopie hinzu.

Die Arbeiten wurden (werden) im wesentlichen im Labor von P. ALBERSHEIM am Complex Carbohydrate Research Center, Athens, Georgia, durchgeführt. Nach Hydrolyse der Polysaccharide und Äthylierung der dabei freiwerdenden Monomere ließen sich diese gaschromatographisch auftrennen und identifizieren.

Für die Aufklärung der Bindungstypen wurden spezifisch degradierende Enzyme eingesetzt. Die Untersuchungen führten zu dem Ergebnis, daß die Primärwand außer Cellulose die Polymere Arabinogalactan, Rhamnogalacturonan, Xyloglucan und ein hydroxyprolinreiches Protein enthält.

Wie sieht die Struktur der Heteropolysaccharide aus? Für das Rhamnogalacturonan schlugen K. W. TALMAGE et al. (1976) eine Struktur vor, nach der das Molekül zickzackförmig gebaut ist, weil die Rhamnosylreste über 1 > 2 glykosidische Verknüpfungen in lineare alpha 1 > 4 verknüpfte Galacturonanketten eingeschoben sind. Über ihre C4-Atome tragen die Rhamnosylreste meist zusätzlich (Arabino)galactanketten, so daß sie Y-förmige Verzweigungspunkte repräsentieren.

Das Arabinogalactan setzt sich aus Einheiten zusammen, die im Schnitt aus sechs Galactosyl- und sieben Arabinosylresten bestehen und kurze Seitenketten tragen können. Diese Ketten sind fast ausnahmslos kovalent an das gerade besprochene Rhamnogalacturonan und an Xyloglucan gebunden, womit ihnen eine Brückenfunktion zufällt.

Xyloglucan gehört zu den Komponenten, die in großen Mengen ins Nährmedium abgegeben werden, wobei man zwischen drei Fraktionen unterscheidet:

freiem Xyloglucan,
Xyloglucan, gebunden an Rhamnogalacturonan, und
Xyloglucan, gebunden an Arabinogalactan.

Xyloglucane enthalten, neben den Zuckern Xylose und Glucose, auch Galactose und Fucose. Die Heteropolymere können unterschiedlich zusammengesetzt sein.

Neben den Polysacchariden der Hemicellulosefraktion spielen hydroxyprolinreiche Glykoproteine (Extensine) eine entscheidende Rolle beim Aufbau der Wand (D. T. A. LAMPORT und D. H. NORTHCOTE, University of Cambridge, 1960). Sie sind im Pflanzenreich ubiquitär. Man isolierte sie aus der Wand von Chlamydomonas ebenso wie aus denen zahlreicher höherer Pflanzen. Die Hydroxyprolinreste sind meist glykosyliert (fast immer mit L-Arabinose verknüpft). Bei niederen Pflanzen sind 26 bis 67 Prozent aller Hydroxyprolinreste besetzt, bei den Gymnospermen 79 bis 86 Prozent, und bei den Angiospermen findet man einen gravierenden Unterschied zwischen den Monokotyledonen (25 - 34%) und den Dikotyledonen (87 - 97%).

Welche biologische Bedeutung diesem Unterschied zukommt, ist ungewiß. Etliche der Serinreste des Proteins tragen Galactosylreste. Extensine sind essentielle integrale Bestandteile des makromolekularen Komplexes Zellwand. Offenbar beeinflussen sie die Dehnungseigenschaften; Wasserstoffbrücken zwischen den Molekülen der einzelnen Klassen stabilisieren den Komplex.


© Peter v. Sengbusch - b-online@botanik.uni-hamburg.de