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Sekundärwände


Wie schon erwähnt, sind Sekundärwände durch den Verlust der Verformbarkeit (Plastizität) gekennzeichnet. Durch progressive Auflagerung (Deposition) immer neuer Lamellen gewinnen sie an Dicke, gleichzeitig nimmt der Querschnitt des Zellumens ab.

Sie sind meist weniger hydriert als die Primärwände und enthalten im Vergleich zu jenen einen geringeren Anteil an Pektinen und Hemicellulose. In der Regel sind andersartige Komponenten ein- und aufgelagert, die ihrerseits Merkmale bestimmter Zellgruppen oder Gewebe sein können. Die wohl bekannteste eingelagerte Substanz ist das Lignin (1839 von A. PAYEN als säureunlösliche Fraktion der Zellwände entdeckt). Es ist der Grundbaustein der Xylem- und Festigungselemente (Holz), bestehend aus polymerisierten Phenylpropaneinheiten. Die drei wichtigsten Ausgangsstoffe sind der Cumarylalkohol [mit einer OH-Gruppe in 4-Stellung am Phenylring], dann vor allem der Coniferylalkohol (OH-Gruppe in Stellung 4, -OCH3 in Stellung 3) und der Sinapylalkohol (OH-Gruppe in Stellung 4, -OCH3-Gruppen in Stellungen 3 und 5).

Die Lignine der einzelnen Pflanzengruppen unterscheiden sich einmal durch unterschiedliche prozentuale Anteile der genannten Ausgangsverbindungen, zum anderen durch die Art der Bindungen zwischen ihnen. Alle Bindungen, die zur Ausbildung eines dreidimensionalen molekularen Netzwerks führen, sind kovalent. Mit anderen Worten: Ein simples Lösen und Wiederverknüpfen von schwachen Wechselwirkungen, so wie wir es gerade (siehe vorangegangenen Abschnitt) am Beispiel des Cellulose- (Hemicellulose)-Komplexes kennengelernt haben, kommt hier nicht vor. Als Folge davon bilden Lignine ein Netzwerk, das allen Anforderungen nach Stabilität (Biege- und Druckfestigkeit) gerecht wird. Das hat den Nachteil, daß die Verknüpfungen irreversibel sind, eine Dehnung der Wand - und ein Wachstum der Zelle - sind ausgeschlossen; stark lignifizierte Zellen sterben früher oder später ab. Nur die Gefäßpflanzen enthalten Lignine. Ihr Auftreten (erdgeschichtlich im frühen Devon) war zweifelsohne eine der wichtigsten Voraussetzungen der Evolution großer, aufrecht wachsender Landpflanzen. Das Lignin der Pteridophyten besteht vornehmlich aus Polymeren des Coniferylalkohols, bei Dikotyledonen besteht es etwa zur Hälfte aus Coniferyl- und Sinapylalkohol. Cumarylalkohol kommt in den Ligninen aller Pflanzengruppen nur in Spuren vor.

In Moosen sind keine Lignine gefunden worden, stattdessen wurden dort diverse Polyphenole und Poly-p-Hydroxyphenole nachgewiesen.

Andere Festigungselemente bei höheren Pflanzen: Mannane sind die Strukturelemente vieler Samen, Sporopollenin, ein Polymerisationsprodukt des Carotins, ist in der Wand von Pollenkörnern enthalten.

Viele Sekundärwände enthalten ein weites Spektrum stark hydrophober Verbindungen, z.B. Suberin, die Grundkomponente von Kork. Derartige Verbindungen können zum einen integrale Bestandteile der Wand selbst sein, sie können aber auch als feste Ausscheidungsprodukte der Wand aufgelagert sein (Kutikula, Wachsablagerungen usw).

Neben den Strukturelementen der Wand sind die in ihr enthaltenen nichtstrukturbildenden Komponenten zu nennen. Hierzu gehören eine Vielzahl niedermolekularer Verbindungen [Farbstoffe, Alkohole, Terpene, Gerbstoffe usw.], dann Oligosaccharide (und Polysaccharide) verschiedener Konfiguration sowie Proteine (in der Regel sind es Glykoproteine). Erwähnt seien hier jene, die an Erkennungsprozessen mitwirken, z.B. die Inkompatibilitätsfaktoren an Narbenoberflächen, dann eine Anzahl kohlenhydratbindender Lektine. Bemerkenswert sind zwei aus den Wänden von Solanaceenarten (Solanum tuberosum und Datura stramonium) gewonnene Lektine mit einem hohen Hydroxyprolinanteil, denn dieser weist auf eine mögliche phylogenetische Verwandtschaft dieser Lektine zum Extensin hin.

Zellwände, z.B. die mancher Samen, verschleimen. Der Vorgang beruht auf partiellem enzymatischem Abbau der Strukturpolymere. Schleime haben in der Regel gelartige Konsistenz, sind aber in sich oft molekulare Mosaiken mit ausgeprägter molekularer Architektur. So fanden z.B. E. SCHNEPF und G. DEICHGRÄBER (Zellenlehre, Universität Heidelberg), daß die Schleime in den Epidermiszellen der Samen von Ruellia (Acanthaceae) aus langen Fibrillen und einer amorphen Matrix bestehen. Da diese Fibrillen durch Calcofluor white und Anilinblau fluorchromierbar sind, lag der Schluß nahe, daß sie beta 1 > 4 und/oder beta 1 > 3 Glucane (Cellulose und/oder Kallose) enthalten. Die Orientierung dieser Fibrillen wird durch entsprechend orientierte Mikrotubuli in den sie bildenden Zellen determiniert.


© Peter v. Sengbusch - b-online@botanik.uni-hamburg.de