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Myrtales


Die Myrtales sind eine recht homogene, leicht zu umreißende Ordnung. Die meisten Vertreter sind terrestrisch lebende Kräuter oder Holzpflanzen, einige wenige sind an aquatische Lebensweise adaptiert. Das auffallendste Merkmal ist eine becherförmige Vertiefung ihrer Blütenachse, das Hypanthium, dessen Wände den Fruchtknoten weitgehend umschließen. Er steht daher meist unter- oder mittelständig. Da eine derartige Organisation auch bei den Rosales anzutreffen ist, wird angenommen, daß die beiden Ordnungen nahe miteinander verwandt sind.

Als sekundäre Pflanzenstoffe wären vor allem die kondensierten und hydrolysierbaren Gerbstoffe zu nennen, die viele Familien (z.B. die Myrtaceae) kennzeichnen; nicht minder wichtig sind Polyphenole und Triterpene (besonders bei den Punicaceae und den Myrtaceae). Alkaloide und Sesquiterpene wurden nur bei wenigen Arten festgestellt. Calciumoxalat ist weit verbreitet. Die Zellen der Markstrahlen verholzter Arten enthalten in der Regel amorphe, gummiähnliche Substanzen. Die Gewebe des primären Pflanzensprosses sind meist von schizogen entstandenen Sekretsystemen durchsetzt. Sie enthalten ätherische Öle, deretwegen eine Anzahl von Myrtaceen als Gewürz- oder Heilpflanzen Verwendung findet. Die Leitbündel sind bikollateral gebaut. Die Blätter sind einfach und ganzrandig, gegenständig, zu Quirlen vereint oder wechselständig. Die Nebenblätter (Stipeln) sind, sofern vorhanden, stark verkürzt und nur selten voll ausgebildet.

In der Regel sind die Blüten radiärsymmetrisch, zwittrig und vierzählig. Sepalen, Petalen und Stamina werden an den Rändern des Hypanthiums angelegt. Oft sind die Sepalen nur als lappige Anhängsel des nicht selten farbigen Hypanthiums erkennbar. Die Petalen stehen alternierend zu den Sepalen. Die Zahl der Stamina ist meist doppelt so hoch wie die der Petalen. Das Gynoeceum besteht aus zwei oder mehr verwachsenen Karpellen. Die Samenanlagen zeichnen sich durch zentralwinkelständige Placentation aus.

Den Myrtales gehören 12 Familien an. Am artenreichsten sind die ausschließlich tropischen Melastomataceae (über 4700 Arten), ihnen folgen die Myrtaceae mit 3000 Arten. Eine Gruppe von drei Familien besteht aus je 400 bis 650 Arten:

Onagraceae,
Combretaceae,
Lythraceae.

Die übrigen enthalten zusammen weniger als etwa 60, zum Teil aber recht bekannte Arten.

Lythraceae: Die Lythraceae sind Kräuter und Sträucher mit weitgehend unspezialisierten Blatt- und Blütenmerkmalen. Der prominenteste Vertreter ist Lythrum salicaria (Blutweiderich), der in Eurasien beheimatet ist, nach Nordamerika verschleppt wurde und dort ebenso häufig wurde wie in der Alten Welt.

Ein auffälliges Merkmal der Lythraceae ist die Tristylie, d.h. die Ausprägung dreier genetisch determinierter Blütenformen mit unterschiedlich langen Griffeln. Die Tristylie dient, wie am Beispiel Distylie besprochen, der Verhinderung von Selbstbestäubung. Sie ist allerdings weniger effizient als die Distylie.

Trapaceae: Als Charakterart ist Trapa natans, die Wassernuß, zu nennen. Sie ist an aquatische Lebensweise adaptiert. Die Blätter sind in Form einer Schwimmrosette angelegt; der Stiel ist blasig angeschwollen. Die vier Petalen werden in der postfloralen Phase zu Dornen umgewandelt. Die Früchte (Nüsse) werden in Ostasien, Malaysia und Indien als Gemüse genossen.

Myrtaceae: Die Myrtengewächse sind vornehmlich Pflanzen der Subtropen und Tropen. Von den übrigen Myrtales unterscheiden sie sich durch das regelmäßige Vorkommen von lysigenen rundlichen Öldrüsen in verschiedenen Geweben. Sie sind daher meist stark duftend, die Blätter zeichnen sch oft durch durchscheinende Punktierung aus. Es sind Holzpflanzen mit meist gegenständigen, immer nebenblattlosen Blättern. Der Fruchtknoten ist ganz mit der hohlen Blütenachse verwachsen, also unterständig oder zumindest tiefversenkt. Die Früchte sind Beeren, Kapseln, Steinfrüchte oder Schließfrüchte.

Zu ihnen gehören die im mediterranen Bereich vorkommende Myrtus communis sowie die Eucalyptus-Arten. Ihr Verbreitungszentrum liegt in Australien. Sie sind waldbildend. Die Bäume können bis zu 150 Meter hoch werden (Eucalyptus amygdalina). Sie sind schnellwüchsig und werden ihres Holzes und ihrer Inhaltsstoffe wegen kultiviert. Durch Bastardierung zwischen verwandten Arten sind in den letzten Jahren ertragreichere Kultursorten gezüchtet worden. Ihr Nachteil: Sie säuern den Boden stark an, so daß in einem Eucalyptus-Wald kaum andere Arten wachsen können. Viele Arten zeichnen sich durch Heterophyllie aus. Die Blätter der Jugendstadien unterscheiden sich von den später erscheinenden sichelförmigen Folgeblättern. Jene enthalten ätherische Öle, die für Heilzwecke verwendet werden (Hustenbonbons, Hustensaft u.a.).Eine weitere verbreitete Gattung ist Leptospermum (Manuka oder Teebaum)

Die Sepalen und Petalen sind, wenn vorhanden, zu rudimentären Resten rückgebildet. Um so auffälliger sind die gefärbten Filamente der zahlreichen Stamina, die der Anlockung der Bestäuber, wie Vögel, Fledermäuse, aber auch Insekten (Bienen, man denke an Eukalyptushonig), dienen. Der Blütenboden ist mit Nektarien besetzt.

Als ein weiterer Vertreter der Myrtaceae wäre der Gewürznelkenbaum (Syzygium aromaticum; = Eugenia caryophyllata) zu nennen, der auf Sansibar, Madagaskar und anderen Inseln vor der Ostküste Afrikas kultiviert wird. Verwendung finden die Blütenknospen ("Nelken") und die Samen, aus denen das Nelkenöl gewonnen wird. Eugenia uniflora ist eine südamerikanische Art.


Abbildung aus: O. W. THOMÉ, - Flora von Deutschland, Österreich und der Schweiz (1885 - 1905)
digitale Bearbeitung und © Kurt Stüber MPI für Züchtungsforschung.- Kurt Stübers online library of historic biological books



Punicaceae: Dieser Familie gehört der u.a. auf dem Balkan und im Vorderen Orient kultivierte Granatapfel (Punica granatum) an. Von den Myrtaceae unterscheiden sich die Punicaceae durch das weitgehende Fehlen von Öldrüsen in den vegetativen Organen und durch eine parietale Placentation (axil bei den meisten Myrtaceae)


BLÜTENDIAGRAMM
Oenothera biennis
(Onagraceae)

© S. LIEDE

Onagraceae: Die Nachtkerzengewächse sind eine bekannte Familie, deren Vertreter vornehmlich in Süd- und Nordamerika verbreitet sind. Nach Europa eingeschleppte Arten (Oenothera) haben sich hier ebenso durchgesetzt wie die bereits erwähnte Lythrum salicaria in Nordamerika. Es sind Kräuter, manchmal Stauden.

Einzelne tropische Arten sind bis zu 30 Meter hohe Bäume. Am ursprünglichsten scheint die aus Südamerika stammende Gattung Fuchsia zu sein, die wegen ihrer dekorativen, hängenden (an Kolibribestäubung angepaßten) Blüten oft angepflanzt wird. Ihre Blüten sind eingeschlechtig, während die der übrigen Gattungen in der Regel zwittrig, meist vierstrahlig, radiärsymmetrisch (oder leicht asymmetrisch) sind. Der unterständige Fruchtknoten ist mit der oft farbigen Blütenachse verwachsen. Die Onagraceae sind in bezug auf sekundäre Pflanzenstoffe wenig spezialisiert. Sie enthalten keine Saponine oder cyanogene Verbindungen, nur selten Alkaloide. Gerbstoffe werden gebildet. Die Epidermis enthält oft Ölzellen. Bekannt, und zum Teil bereits an anderer Stelle beschriebene Arten/Gattungen, sind Epilobium angustifolium (Weidenröschen), Oenothera und Clarkia.




Melastomataceae: Die Melastomataceen-Arten sind durch eine typische bogennervige Blattnervatur und poricide Antheren charakterisiert. In Südamerika gibt es kaum ein Gebiet tropischer Vegetation, in dem nicht ein Dutzend oder mehr Arten wachsen. Insgesamt umfaßt die pantropische Familie rund 4700 Arten in 180 Gattungen, mit dem Schwerpunkt in Südamerika (mindestens 3000 Arten). Die meisten Vertreter sind Büsche oder kleine Bäume; großwüchsige Baumarten sind seltener. 641 Arten sind epiphytisch, d.h. kletternd oder rein epiphytisch, viele sind beides; auch einjährige Kräuter kommen vor. Die Blüten sind meist zwittrig. Auf dem becherförmigen Hypanthium tragen sie meist vier bis acht freie Petalen und fast immer die doppelte Anzahl Stamina. In der Knospe ist jedes Stamen am oberen Ende des Filaments derart geknickt, daß die Anthere mit ihrer Spitze nach unten zeigt. In vielen Fällen sind die Stamina in geöffneten Blüten zygomorph gruppiert. Die Stamina eines Androeceums können dimorph sein, und dort, wo das Konnektiv die Pollensäcke mit dem Filament verbindet, verschiedenartige dorsale oder ventrale Anhängsel tragen. Der ober-, mittel-, oder unterständige Fruchtknoten entwickelt sich zu Kapseln oder kleinen Beeren mit meist vielen ölhaltigen Samen.

Die artenreichsten Gattungen sind Miconia (1000 Arten) und Tibouchina (350 Arten) in den Neotropen und Medinilla (400 Arten) in den Paläotropen. Amazonische Melastomataceen werden durch Bienen bestäubt. Der Pollen ist nährstoffreich. Er ist aber nicht allen Besuchern offen zugänglich, vielmehr müssen die Bienen die Stamina in Vibration versetzen, um eine Ausschüttung zu erreichen ("buzzing"): poricide Antheren. Außer den Bestäubern werden die Blüten durch pollenraubende Trigona-Bienen besucht, die die Antheren mit ihren Mandibeln zerstören. Viele der Arten sind selbstkompatibel; bei einigen wurde Agamospermie nachgewiesen (S. RENNER, 1984).

Sonneratiaceae: Bäume oder Sträucher der Tropen (Ostafrika, Südostasien bis nach Australien, einschl pazifischer Inseln) mit gegenständigen, nebenblattlosen Blättern. Die Blüten sind zwittrig oder eingeschlechtig und radiärsymmetrisch. Die Blütenachse ist nur wenig ausgehöhlt und nur teilweise mit dem Fruchtknoten verwachsen, dieser kann auch frei sein. Sonneratia caseolaris ist eine Charakterart der Mangrove im indo-malayischen Gebiet. Ihre Früchte sind eßbar.

Combretaceae: Es sind Holzpflanzen der Tropen und Subtropen, einige sind Lianen (Spreizkletterer). Die Blüten sind klein und unauffällig. Die Früchte, besonders der litoralen Arten, werden vielfach durch Wasser verbreitet, die Schwimmfähigkeit ist durch ein luftreiches Pericarp gewährleistet, bei einigen der anderen Arten kommen auch Flügelfrüchte vor. Zu den bekannten, pantropisch verbreiteten Arten und Gattungen gehört Terminalia catappa, zu den Mangroven Lagencularia racemosa (Weiße Mangrove: Pazifikregion, Amerika, Westafrika).

Thymeleaceae: Holzpflanzen. selten Kräuter, Blüten zwittrig, vier- bis fünfzählig. Viele der Arten sind giftig,bekannt ist vor allem der Seidelbast (Daphne mezereum), Vorkommen Europa und Westasien.





© Peter v. Sengbusch - b-online@botanik.uni-hamburg.de