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3.02. Kleine Moleküle - Große Moleküle.
Diffusion; Stärkebildung - Stärkeabbau.
pH - Optimum einer Enzymaktivität, Zuckernachweis


bitte mitbringen:

1 - 2 Kartoffeln
gekeimte Sonnenblumensamen
gekeimte Weizensamen (Samen ca. 4 Tage vor Praktikumsbeginn auf ein feuchtes Tuch oder Papier legen, Austrocknen verhindern, täglich kontrollieren)
Filzschreiber (wasserunlöslich !)
Lineal
Messer zum Zerkleinern der Kartoffeln

Sie finden am Arbeitsplatz oder unter dem Abzug:

Geräte:

Heizplatte (Magnetrührer)
Zentrifuge

Glassachen und Diverses:

Chemikalien:

pHa (ml)b (ml)c (ml)d (ml)
2,81585   
3,63077  
4,44555  
5,25545  
6,06535  
6,87525  
7,6955  
8,4  8515
9,2  6535
10  5050
11  * 
12  * 

* Vorlage: 0,2n NaOH, mit c am pH-Meter auf den vorgegebenen Wert titrieren

gemeinsam zu benutzen:




Theoretische Grundlagen

Drei Themen stehen im Mittelpunkt dlieses Praktikumsnachmittags

Die Beweglichkeit von Molekülen
Einige spezifisehe Zuckernachweise
Katalysierte Reaktionen. Der spezifische Nachweis von Enzymaktivitäten



1, Die Beweglichkeit von Molekülen.

Diffusion

In einem Gas sind Atome und Moleküle in ständiger Bewegung. Die Bewegung ist der absoluten Temperatur (T) proportional, man spricht deshalb von thermischer Bewegung. Eine weitere Größe, die die Geschwindigkeit beeinflußt, ist die Masse (m) der Moleküle Die Bewegungsenergie (kinetische Energie) eines Teilchens ist durch 1 / 2 m v2 zu beschreiben, vobei v seine Geschwindigkeit ist Die Geschwindigkeiten der einzelnen Teilchen unterscheiden sich voneinander zu jedem gegebenen Zeitpunkt. Als Funktion der absoluten Temperatur kann man jedoch eine durchschnittliche kinetische Energie angeben:

Die Wurzel aus dem Quadrat der mittleron Geschwindigkeit (Quadratwurzel v2) für Wasserstoffmoleküle bei 0°C beträgt 1,84 x 105 cm/sec., also fast 2 km pro Sekunde. Die Geschwindigkeit vordoppelt sich, wenn die absolute Temperatur auf das vierfache ansteigt Bei gleicher Temperatur ist die mittlere kinetische Energie für Moleküle verschiedener Gase gleich, somit muß das mittlere Geschwindigkeitsquadrat der Masse eines Teilchens umgekehrt proportional sein. Die mittlere Geschwindigkeit ist damit direkt proportional der Wurzel aus dem Molekulargewicht.


Beispiel: Ein Sauerstoffmolekül hat die 16fache Masse eines Wasserstoffmoleküls, somit beträgt seine Geschwindigkeit 1 / 4 derjenigen der Wasserstoffmoleküle, also bei 0°C: 1,84 x 105 cm / sec / 4 = 4,6 x 104 cm / sec. Gasmoleküle sind nicht unendlich klein. Aufgrund ihrer Größe stoßen sie häufig miteinander zusammen. Unter "normalen Bedingungen" beträgt die mittlere Weglänge zwischen zwei Zusammenstößen 500 Å, mit anderen Worten: die mittlere freie Weglänge entspricht etwa dem 200fachen des Moleküldurchmessers

Hat man ein ideales Gas vor sich, so können die einzelnen Teilchen voneinander unabhängige Bewegungen durchführen. Trotz dieser Bewegung bleibt die Verteilung der Teilchen im Raum gleich. Es gibt keine vorherschende oder bevorzugte Bewegungsrichtung. In Flüssigkeiten sind Atome, Moleküle und Ionen in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt, doch unterliegt in einer echten Lösung die Bewegung den gleichen Kriterien wie in einem idealen Gas. In festen Körpern (z B Kristallen), hingegen, ist die Beweglichkeit weitestgehend aufgehoben.
In der Biologie befassen wir uns vorwiegend mit gelösten Substanzen. In wässrigen Lösungen sind, wie wir gesehen haben, alle Teilchen gleichmäßig verteilt. Sie erinnern sich vielleicht an ein Experiment, welches wir im vorigen Wintersemester angesetzt haben (Wiederholung für Erstsemester auch in diesem Semester): Eine konzentrierte Kupfersulfatlösung wurde mit destilliertem Wasser vorsichtig überschichtet. Es bildete sich eine klare Grenzfläche aus. Im Verlauf des Semesters nahm die Schärfe ab und es entstand ein Konzentrationsgradient.

Frage: Wie kommt eine gleichmäßige Verteilung der Cu2+ und SO42- Ionen im Gesamtvolumen (CuSO4 - Lösung und Wasser) zustande?

Die Teilchen bewegen sich rein statistisch. Dabei durchdringen einzelne die Grenzfläche. Manche werden wieder zurückkehren, aber nicht alle: wir erhalten also eine Nettobewegung (einen Nettofluß) der Teilchen in Richtung der Regionen, die ursprünglich frei von solchen Teilchen waren. Die Bewegung von hoher zu niedriger Konzentration bezeichnet man als Diffusion. Erst nach gleichmäßiger Verteilung aller Teilchen ist im System keine Nettobewegung mehr nachweisbar, das System ist im Gleichgewicht.


Quantitatlve Beschreibung des Vorgangs:

Betrachten wir ein Gefäß mit einer Lösung, so werden wir zum Zeitpunkt t0 in einer Höhe x0 eine Konzentration c1 messen. Betrachten wir das Gefäß nach einer Zeit t1, so werden wir in einer Höhe x1 eine Konzentration c2 messen. Die Menge der Teilchen, die den Weg x1 - x0 zurückgelegt haben, ist natürlich von der Fläche (F) und einer Stoffkonstanten (D) direkt abhängig. Somit läßt sich der Nettofluß (die Nettobewegung) als Funktion der Zeit wie folgt darstellen:

Da die Konzentration mit wachsender Entfernung abnimmt, hat der Konzentrationsgradient einen negativen Wert. Schreibt man die oben abgeleitete Formel für beliebig kleine Zeiträume, so muß man die Werte als Differentiale angeben und kommt auf:

Die abgeleitete Formel ist das FICKsche Diffusionsgesetz. Um die Dimensionen abzuleiten, müssen wir wissen, in welchen Dimensionen die einzelnen Größen eingesetzt werden, also:

Die Anzahl von Molen, die pro Sekunde eine bestimmte Fläche durchwandert, wird als Nettoflux bezeichnet:

oder

Löst man die Gleichung nach D auf, erhält man

Die Größe (c1 - c2) / (x1 - x0) wird als Konzentrationsgradient bezeichnet und hat die Dimension [Mol /cm3 /cm]. Dann hat D die Dimension

D ist die Diffusionskonstante. Es ist die Menge einer Substanz (in Mol), welche pro Zeiteinheit (sec) durch eine Flächeneinheit (cm2) bei einem Diffusionsgradienten von 1 Mol / cm diffundiert. Die Diffusion erfolgt über kleine Entfernungen hinweg sehr schnell, ist aber für große Entfernungen extrem langsam. Die Entfernung geht als Quadrat in die Gleichung ein. Das FICKsche Diffusionsgesetz sagt außerdem, daß die Diffusion von der molaren Konzentration der betreffenden Substanz abhängt.



Permeabilität

In biologischen Systemen haben wir es nicht nur mit wässrigen Lösungen zu tun, sondorn auch mit einer Vielzahl von Grenzflächen (Membranen). Membranen können für Teilchen (Moleküle, Atome, Ionen)

undurchlässig sein (> impermeabel)
partiell durchlässig sein (> semipermeabel)
durchlässig sein (+/- permeabel)

Die Durchlässigkeit (Permeabilität) einer Membran hängt in erster Annäherung von der Teilchengröße und der Porengröße ab. Große Moleküle werden zurückgehalten, kleine gehen hindurch.

Die Glasmembran einer pH - Elektrode läßt H+ hindurch, während K+ zurückgehalten werden.
Die Membran einer Nervenzelle läßt K+ passieren, während die größeren Na+ - Ionen zurückgehalten werden. Große Moleküle (Proteine, Stärkemoleküle u.a.) können Membranen in der Regel nicht passieren, wohl aber Zuckermoleküle, Aminosäuren u.a.

Bei der formalen Betrachtung der Permeabilität spielt es keine Rolle, ob man es mit einer natürlichen Membran zu tun hat (etwa der Membran eines Erythrozyten) oder einer künstlichen Membran (z, B. einer Kunstoffolie). In Laboratorien wird das unterschledliche Permeationsverhalten großer und kleiner Moleküle durch künstliche Membranen zum Trennen dieser Molekülklassen verwendet (> Dialyse, Ultrafiltration). Niedermolekulare Stoffe werden entfernt, Makromoleküle werden zurückgehalten. In der Klinik wird dieses Verfahren beim Versagen der Nieren eingesetzt, um Blut von niedormolekularen Ausscheidungsprodukten zu reinigen (künstliche Niere).

Eine Membran hat eine endliche Dicke (d). Um eine quantitative Aussage über den Durchfluß zu erhalten, nehmen wir in grober Näherung an, die Membran sei eine Lösungsmittelschicht der Dicke d. Unter dieser vereinfachten Annahme ist der Durchfluß durch die Membran der Diffusionskonstanten direkt proportional. Der Ausdruck D/d wird als Permeabilitätskonstante bezeichnet. Dimension [cm/sec].

Gele können mit Membranen verglichen werden, hierbei ist d > unendlich. Sie kennen bereits aus dem Praktikum des ersten Semesters die Agarschalen. Es handelt sich dabei um 1 - 3 %ige Lösungen von Agar, welche beim Abkühlen erhärten. Kleine Moleküle, wie Ionen, Aminosäuren, Zucker, aber auch Eiweißmoleküle u.a. können sich in einem Agargel frei bewegen. Gele werden in biologischen (vor allem mikrobiologischen) und biochemischen Laboratorien immer dann eingesetzt, wenn man irgendwelche größeren Reaktionspartner lokalisieren möchte: Um Bakterienkolonien, welche z. B eine Protease ausscheiden, bildet sich unter geeigneten Versuchsbedingungen ein klar erkennbarer Hof, dessen Durchmesser von der Diffusionskonstanten der Protease abhängt. (vgl. Biol. Übungen 1.09). Antikörper und Antigene können frei in ein Gel hineindiffundieren. Treffen sie aufeinander, bildet sich ein unlöslicher Antigen - Antikörper - Komplex. Seine Lage ist im Gel eindeutig fixiert.

Sie werden in späteren Praktika die Säulenchromatographie (in verschiedensten Abwandlungen) kennenlernen: z. B den Molekülsiebeffekt. Ferner bleibt Ihnen zunächst noch die Trägerelektrophorese vorenthalten. Dabei wird die Beweglichkeit von Teilchen im elektrischen Feld verfolgt. Der Einsatz eines Gels vereinfacht das Verfahren außerordentlich. Die Trennschärfe unterschiedlich schnell gewanderter Komponenten ist viel höher als bei der "freien Elektrophorose" (der Elektrophorese in einer Flüssigkeit).

Am heutigen Praktikumsnachmittag werden Sie die Diffusionsgeschwindigkeit von Ionen untersuchen und zwar erhalten Sie nur solche Ionen(-lösungen), die mit einem in Agar enthaltenen Indikator ein unlösliches Präzipitat ergeben. Somit läßt sich die Beweglichkeit unmittelbar optisch verfolgen. Wir verwenden als wandernde Ionen:

Allen ist geseinsam, daß sie mit Silbernitrat unlösliche kristalline Präzipitate bilden können.



Einiges über Kristalle:

Ein Krlstall besteht aus Atomen (Ionen), die in einem dreidimensionalen Gitter angeordnet sind. Kristalle können durch Anlagerung von Atomen (Ionen) aus der sie umgebenden Lösung wachsen, sie können sich aber auch verkleinern, wenn Ionen abdissoziieren. Das Gleichgewicht zwischen Wachsen und Sichauflösen hängt von der Größe dor Kristalloberfläche ab. Da die Oberfläche im Quadrat, das Volumon aber mit der dritten Potenz wächst, folgt, daß sich kleine Kristalle schneller auflösen, als große. Unter bestimmten Gleichgewichtsbedingungen können somit große Kristalle auf Kosten von kleinen wachsen.


2. Einige spezifische Zuckernachweise

Sie haben im chemischen Praktikum sicher bereits eine Reihe spezifischer Nachweisreaktionen für Ionen kennengelernt:

Chloridnachweis durch AgNO3
Barium durch spezifische Spektrallinien
Carbonate durch Gasentwicklung in saurer Lösung
OH- Ionen durch Phenolphthalein und viele andere

In der Biologie müssen wir uns natürlich mit dem Nachweis etwas komplexer gebauter Moleküle befassen. Einige, sogar quantitative Nachweisverfahren haben Sie im vorigen WS kennengelernt (vor allem in 1.06 und 1.07)

Chlorophyll und Carotinoide (Nachweis durch Rf-Werte im Chromatogramm)
Spezifisch ist ferner sehr häufig das Absorptionsspektrum der Substanz
Im Verlauf dieses Praktikums werden Sie eine Reihe von Enzymen auf

Grund ihrer spezifischen Aktivität nachweisen.

Chemische Nachweise: etwa die Biuret- oder die Folinreaktion

zum Nachweis von Proteinen

Da wir uns in diesem Praktikum wiedorholt mit Kohlenhydraten befassen werden, empfiehlt es sich zu Beginn, einige spezifische chemische Nachweise kennenzulernen

a) Stärke

besteht aus alpha- glykosidisch verknüpften Glucoseresten. Ein Stärkemolekül ist in der Regel verzweigt. Nachweis: Zugabe von Jod - Jodkali - auch das haben Sie bereits kennengelernt. Das Jod lagert sich in das Innere des schraubenförmig gewundenen Stärkemoleküls ein. Somit entsteht ein Komplex, welcher sich durch eine blauviolette Farbe auszeichnet.
Relativ niedermolekulare Stärke wird als Amylopektin bezeichnet. Der Komplex mit Jod ist mehr rotbraun - rotviolett als blauviolett (bei hochmolekularer Stärke). Wie der Komplex aber im einzelnen aussieht, ist gar nicht so klar, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Stärke als Makromolekül kann eine Dialysemembran nicht passieren.

b) Cellulose

Cellulose besteht aus beta - glykosldisch verknüpften Zuckerresten. Ein Cellulosemolekül ist nicht schraubenförmig gewunden, Es reagiert nicht mit Jod - Jodkali. Stärke ist eines der biochemisch leicht abbaubaren Moleküle, Cellulose eines der am schlechtesten abbaubaren.
Der Untorschied zwischen beiden liegt in der Molekülform, nicht in der Zusammensetzung. Nachweis: z. B mit Phloroglycin - HCl. Dieser, wie viele andere Nachweise auch, eignen sich als histochemische Nachweisverfahren. Somit lassen sich die Substanzen (mikroskopisch) in einer Zelle genau lokalisieren. Am 7. Nachmittag dieses Praktikums werden wir einige histochemische Nachweisverfahren kennenlernen.

c) Monosaccharide

Monosaccharide lassen sich in 2 Gruppen einteilen, in die Aldosen (mit freier Aldehydgruppe) und die Ketosen (mit Ketogruppe). Viele Zuckernachweise beruhen auf der reduzierenden Wirkung der Aldehydgruppe.

Fehlingsche Reaktlon. In alkalischer Lösung werden Cu2+ Ionen in Anwesenheit von Aldehyd reduziert. Um zu verhindern, daß Cu(OH)2 ausfällt, gibt man dem Reagetnz Na - K- Tartrat hinzu. Es bildet sich hierdurch ein tiefdunkelblau gefärbter löslicher Cu2+ - Tartrat - Komplex, aus welchem anschließend die Cu2+ - Ionen reduziert werden. Es fällt rotes CuIO aus. Die Aldehydgruppe wird zur Karboxylgruppe aufoxydiert.
Silberspiegel: In ammoniakalischer AgNO3 - Lösung wird in Anwesenheit eines reduzierenden Zuckers Ag+ zu metallischem Silber reduziert
Bildung von Osazonen aus Zucker. Werden Monosaccharide mit Phenylhydrazon gekocht, entstehen über Zwischenstufen (Hydrazone) die unlöslichen Osazone. Osazone fallen kristallin aus

d) Unterscheidung zwischen Aldosen und Ketosen:

Resorcinprobe:

Ketosen färben sich in saurer Lösung von Resorcin rot. Mit Aldosen tritt diese Reaktion nicht auf. Dieser Test wird nach seinem Entdecker in der Literatur als SELIVANOFF- Probe bezeichnet. Selbstverständlich gelten alle genannten Nachweise nicht ausschließlich für Zucker, sondern für alle Moleküle mit Aldehyd- resp. Ketogruppen. Es ist daher darauf zu achten, daß man Aussagen nicht überinterpretiert, vor allem, wenn man es mit undefiniertem Ausgangsmaterial zu tun hat.

Zucker sind optisch aktive Substanzen, d h sie drehen die Ebene polarisierten Lichts. Die optische Aktivität eines gelösten Zuckers kann polarimetrisch bestimmt werden. Das Ausmaß der Drehung der Ebene polarisierten Lichts ist proportional zur Schichtdicke und der Konzentration der Zuckerlösung. Dieses Verfahren wird in der Praxis zum quantitativen Nachweis von Zucker eingesetzt (z. B. Bestimmung des Zuckergehalts in Weinproben oder im klinischen Bereich: Zuckerbestimmung im Harn u.a.). Ein weiteres Verfahren für einen spezifischen Zuckernachweis schließlich ist die Vergärbarkeit. Wir werden dieses Verfahren am 5. Praktikumsnachmittag kennenlernen



3. Katalysierte Reaktionen

Die Bedeutung der Enzyme als biologische Katalysatoren ist an anderer Stelle besprochen worden, so daß sich eine Wiederholung der Ableitung der Kinetiken erübrigt. Wesentlich für die Katalyse durch Enzme ist:

Die Reaktionen sind sehr spezifisch
Die Aktivität eines Enzyms iat regulierbar
Viele Enzyme kommen nur in bestimmten Teilen der Zelle (in Kompartimenten) vor, z B nur im Kern, in Mitochondrien, membrangebunden u.a
Enzyme kommen nicht in allen, sondern nur in bestimmten Geweben vor
Das Vorkommen bestimmter Enzyme ist an das Entwicklungsstadium des Organismus gebunden.

Wir werden uns im Praktitum nur mit (1) befassen.
Enzymaktivitäten sind u. a.:

  1. temperaturabhängig
  2. pH- abhängig
  3. abhängig von der Anwesenheit kompetitiver oder nicht - kompetitiver Inhibitoron oder Aktivatoren

Um eine Enzymaktivität spezifisch nachzuweisen, bedarf es einer Reihe von Kontrollen. Als generelles Schema läßt sich daher der folgende Versuchsansatz verwenden:

 
Leerversuch
(Reagentien-
leerwert)
kompletter
Ansatz
Kontrolle
1
Kontrolle
2
Kontrolle
3
Probe
(mit Enzym)
-
+
+
hitze-
inaktiviert
+
+
Substrat
+
+
+
-
+
Aktivator
+
+
+
+
-
Inhibitor
-
-
-
-
+
Puffer
+
+
+
+
+

Der Leerversuch gibt an, ob die untersuchte Umsetzung (z. T.) auch spontan ablaufen kann. Das hitzeinaktivierte Enzym (Kontrolle 1) erlaubt uns zu entscheiden, ob eine Enzymwirkung vorliegt oder eine andersartige, thermostabile Katalyse. Es gibt allerdings einige Enzyme, die außerordentlich hitzereristent sind, wie z. B. die Ribonuklease oder die Arginase. Kontrolle 2 gibt an, ob nicht bereits in der Enzymprobe Stoffe mit Substratnatur enthalten sind. In Kontrolle 3 schließlich wird die Bedeutung spezifischer Inhibitoren getestet. Der Umsatz hängt selbstverständlich auch von der Enzymkonzentration ab. Es ist daher sinnvoll, auch die Menge der zugegebenen Enzymprobe zu variieren. Die Kinetik des Umsatzes eines Substrats kann als Funktion der Zeit unterschiedlich aussehen. Mißt man den Umsatz zu 2 verschiedenen Zeitpunkten, so kann man noch nichts über den eigentlichen Verlauf der Reaktion aussagen. Heute werden wir 2 Enzyme kennenlernen, Beiden ist gemeinsam, daß sie Stärke abbauen können.


1. Amylase

Das Enzym ist in großer Menge im Speichel (Speichelproduktion: ca 1 l / Tag) enthalten und kann somit leicht gewonnen werden. Sie haben den enzymatischen Abbau der Stärke bereits im vorigen Winter kennengelernt. (Nachweis: Verschwinden der Jodreaktion). Heute sollen Sie als Nachweis der Aktivität die Bildung eines reduzierenden Zuckers zeigen. Ferner sollen Sie das pH - Optimum der Enzymaktivität bestimmen.
Das Endprodukt des Stärkeabbaus durch Amylase ist die Maltose, ein Disaccharid, bestehend aus 2 Glucoseresten. Um Maltose in Glucose zu zerlegen, bedarf es der Wirkung der Maltase. Dieses Enzym kommt im Speichel nicht vor. (Vorkommen: Dünndarm und Bauchspeicheldrüse). Die Amylase aus Speichel wird in der älteren Literatur oft als Diastase oder Ptyalin beseichnet

2. Phosphorylase

Ein weiteres stärkeabbauendes Enzym: und übrigens ein wesentlich aktiveres (wenn man gleiche molare Ausgangsmengen des gereinigten Enzyms einsetzt) als die Amylase. Besonders effektiv wird auch Glykogen abgebaut Vorkommen: im tierischen Organismus in Muskeln und in der Leber. Beim Abbau von Stärke (oder Glykogen) entsteht nicht Maltose oder Glucose, sondern Glucose - 1- Phosphat. Um Stärke zu spalten, muß anorganisches Phosphat hinzugegeben werden.

Während Amylase eine glykosidische Bindung durch Einführen von Wasser spaltet, spaltet die Phosphorylase es durch Einführen eines Phosphatrests. Ein weiterer Unterschied zwischen den beiden Enzymen liegt darin, daß die Reaktion der Phosphorylase reversibel ist, d. h. wir können mit Hilfe dieses Enzyms nicht nur Stärke abbauen, sondern auch aus Glucose- 1- Phosphat Stärke aufbauen. Mit Amylase würde das nicht gelingen. Die Ursache für den Unterschied zwischen der irreversiblen Reaktion der Amylase (einer Hydrolase) und der der Phosphorylase liegt darin, daß bei der hydrolytischen Spaltung einer Glucose - Glucose - Bindung die Bindungsenergie von ungefähr 3 kcal / Mol verloren geht; man müßte sie von außen zuführen, um wieder glykosidische Bindungen knüpfen zu können. Das Reaktionsgleichgewicht liegt stark auf der Seite Maltose + Wasser, weil die Reaktion in wässriger Lösung abläuft, und weil Wasser dort in 55 molarer Konzentration vorliegt. Bei der Phosphorylase Reaktion geht wenig Energie verloren. Die bei der Spaltung Glucose - Glucose freiwerdende Energie wird zur Blldung einer Glucose - Phosphat - Bindung (mit etwa gleicher Bindungsenergie) verwendet und bleibt somit erhalten. Da Phosphat in der Regel in relativ niedrigen Konzentrationen vorliegt, ist es laut Massenwirkungsgesetz einsichtig, daß die Reaktion auch in umgekehrter Rlchtung verlaufen kann. Die Reaktion der Stärkebildung kann beschleunigt werden, wenn man bereits etwas Stärke als Starter ("primer") in die Reaktionslösung hineingibt.
Durch die Phosphorylase werden nur lineare - keine verzweigte - Stärkemoleküle gebildet. Phosphorylase findet man nicht nur in tierischem Gewebe. Sie ist auch in Pflanzen verbreitet, z. B. in der Kartoffelknolle, in der Sie die Enzyzaktivität nachweisen sollen.
Phosphorylase wird unter NaF- Zusatz isoliert. NaF inhibiert das Enzym Phosphatase, welches Glucose - 1 - Phosphat in Glucose und Pi spalten würde. Auch dieses Enzym ist in Kartoffeln enthalten

Anhang: Phenoloxydasen

In den meisten Geweben findet man Enzyme, die Redox - Reaktionen katalysieren. Näheres darüber am kommenden Praktikumsnachmittag (3.03). Eines dieser Enzyme soll jedoch bereits heute besprochen werden, weil wir seine Wirkung ohne großen Aufwand verfolgen können. Die Aminosäure Tyrosin wird durch Oxydation im Organismus abgebaut. Das daran beteiligte Enzym ist die

Sie kommt in tierischen, vor allem aber in pflanzlichen Geweben vor. Durch die Oxydation entstehen aus dem Tyrosin dunkel gefärbte Melanine. Die Verfärbung eines Extrakts ist somit ein gutes Maß für die Enzymaktivität. Sie kennen alle die Erscheinung, daß Pflanzenteile (angeschnittene Zweige, Kartoffeln, Äpfel u. a. beim Liegenlassen dunkel werden. Das Enzym wird durch Kochen zerstört. Auf einen experimentellen Beweis können wir in diesem Praktikum verzichten, denn sicher haben Sie schon mal gesehen, daß abgekochte Kartoffoln (in der Küche) dunkel werden.
Die Oxydation des Tyrosins kann durch Askorbinsäure gehemmt wordon (Diese Aussage können wir im Praktikim leicht testen). Somit auch hier die Frage: Werden angeschnittene Zitronen, Apfelsinen, Weißkohl u. a. dunkel ?



EXPERIMENTELLER TEIL

1. Diffusion (Versuche unter gekennzeichnetem Abzug durchführen)

a) Sie finden am Arbeitsplatz 5 Agarschalen (Ag NO3 - enthaltend). Füllen Sie die ausgestanzten Löcher der

Schützen Sie Ihre Proben vor starker Lichteinwirkung. Decken Sie sie, wenn irgend mögich ab und stellen Sie sie über Nacht in einen der Brutschränke (jene dienen in diesem Fall ausschließlich als Lichtschutz). Die schwarze Unterlage, die Sie an Arbeitsplatz vorfinden, dient dazu, um die Präzipitate gegen einen dunklen Untergrund besser erkennen zu können.
Auswertung: Bestimmen Sie die Ausbreitung der Diffusionszone als Funktion der Zeit.

Tragen Sie die Werte [mm] graphisch gegen die Zeit auf. Berücksichtigen Sie bei der Berechnung der Ausbreitung den Durchmesser des Lochs.

Was geschieht in den Bereichen, wo zwei diffundierende Substanzen aufeinandertreffen?
Wie sehen die Präzipitate aus?
Gibt es charakteristische Unterschiede?

b) Am Arbeitsplatz finden Sie ein Versuchsrohr, gefüllt mit Agar, welcher eine Kaliumbicarbonatlösung enthält. Die Konzentration des Bicarbonats ist bei den verschiedenen Ansätzen unterschiedlich ( A, B, C oder D: siehe Materialliste). Überschichten Sie den Agar vorsichtig mit etwa 0,5 - 1,0 ml AgNO3 (20%ig), Pasteurpipette verwenden. Beobachten Sie das Eindringen der Silberionen in den Agar. Es entsteht schwerlösliches Ag2Cr2O7.

Wie sieht die Diffusionszone aus?

Lassen Sie den Ansatz bis zum kommenden Versuchsnachmittag stehen.

Wie sieht die Zone nach 7 Tagen aus ? (ev. nach 1, 2, 3...Tagen)



2. Zuckernachweise

a) FEHLINGsche Reaktion.

Geben Sie zu 2 ml Probe 1 ml von Fehling 1 und 1 ml Fehling 2 ( Sie können auch mit anderen Volumina arbeiten). z.B. : 5, : 2,5 , : 2,5 etc ). Erhitzen Sie die Probe im Wasserbad. Bei welchen Kohlenhydraten tritt eine positive Reaktlon auf?

b) Silberspiegel:

2 ml 10%iger AgNO3, 2 Tropfen 1 n NaOH Geben Sie tropfenweise NH4OH (25%ig) hinzu, bis der Niederschlag verschwindet. Zugabe von 0,5 ml Glucose (5%ig). Erwärmen Sie das Gemisch vorsichtig im Wasserbad. Fructose und Glucose lassen sich ineinander überführen: AMADORI-Umlagerung
Kontrollen: Statt Glucose:- Wasser, Saccharose und Fructose.

Reaktionen?

c) Osazonbildung

2 ml Probe + 2 ml essigsaure Phenylhydrazinlösung. Gemisch kurz erhitzen, dann abkühlen lassen. Welche Reaktlon erhalten Sie mit;

Achten Sie bitte auch auf den zeitlichen Verlauf der Reaktion.

d) Resorcinprobe

2 ml Probe + 1 ml konz. HCl + 0,1 ml Resorcinlösung erhitzen (10 min, 80°C, nicht kochen !) Mit welchem Zucker tritt eine positive Reaktion ein?



3. Enzymatisch katalysierte Reaktionen

1. Amylase

Sie brauchen ca. 10 ml Speichel. Folgende Fragen sollen geklärt werden:

zu a:
Zu 5 ml Stärke (2%ig ) 1 ml Speichel hinzugebon. Stellen Sie die Probe ins 37°C Wasserbad. Prüfen Sie zum Zeitpunkt t = 0 und t = 30 min, ob Stärke vorhanden ist (Jod - Jodkalireaktion), und ob niedornolekulare Aldosen entstanden sind (FEHLINGsche Probe). Entnehmen Sie für jede Probe je 1 ml Reaktionsgemisch. Wenn der Versuch erfolgreich war, setzen Sie ihn nochmals mit folgenden Volumina an:

Füllen Sie die Proben in je einen Dlalysierschlauch (oben und unten zuknoten) und hängen Sie sie in je einen mit Wasser gefüllten 100 ml Erlenmeyer. Um die Diffusion kleiner Moleküle aus dem Dialysierschlauch heraus zu beschleunigen, wird die Probe permanent bewegt; trotzdem dauert die Reaktion minimal 1 - 2 Tage.

Normalerweise verwendet man zum Mischen im Labor einen Magnetrührer. Da wir erstens nicht genügend Magnetrührer haben und die vorhandenen nicht so lange blockieren können, werden die Erlenmeyer in ein Schüttelwasserbad gestellt und im Kältelabor bis zum kommenden Praktikumsnachmittag geschüttelt. Obwohl die enzymatische Reaktion in der Kälte langsamer verläuft als etwa bei 37°C, stellen wir die Proben kalt, um zu verhindern, daß sich in unserer Lösung ein reges Bakterienwachstum entwickelt. Es ist nicht zu vermeiden, daß solche Lösungen infiziert werden. Zucker sind ideale Substrate für Bakterien. Am kommenden Praktikumsnacheittag FEHLINGsche Probe und Stärkenachweis mit dem Inhalt der Dialysierschläuche und mit dem sie umgebenden Medium durchführen.

Wo können Sie Zucker nachweisen?
Wo Stärke?

zu b:
Sie finden am Arbeitsplatz eine Serie verschiedener Puffer. Setzen Sie damit folgende Ansätze an:

Entnehmen Sie jedem Ansatz nach

ein Aliquot (ca. 1 ml) und testen Sie diese Probe auf die Anwesenheit von Stärke (Jod - Jodkalireaktion). Wenn Sie Zeit haben, führen Sie auch die FEHLINGsche Reaktion durch.

2. Phosphorylase

Eine kleine Kartoffel wird zunächst geschält und klein geschnitten. Die Stücke werden mit Sand unter Zugabe von 40 ml 0,01 m NaF im Mörsor homogenisiert und anschließend durch Gaze filtriert. Das Filtrat wird 3 min. bei maximaler Geschwindigkeit zentrifugiert. Der Überstand wird vorsichtig abgegossen (prüfen, ob er noch Stärke enthält !)
Ansatz der Reaktion

  1. 3 ml Glucose (0,01 m) 1 Tropfen Stärkelösung (0,2%ig) (der Stärkezusatz soll so gering ausfallen, daß keine positive J-JK-Reaktion erkennbar wird. - prüfen!
  2. 3 ml Glucose - 6 - Phosphat + 1 Tropfen Stärkelösung
  3. 3 ml Glucose - 1 - Phosphat
  4. 3 ml Glucose - 1 - Phosphat + 1 Tropfen Stärkelösung
  5. 3 ml Glucose - 1 - Phosphat + 1 Tropfen Stärkelösung + 1 ml 0,2 m KH2PO4
  6. 3 ml Stärke (0,2%ig) + 1 ml 0,2 m KH2PO
  7. 3 ml Stärke (0,2%ig) + 1 ml 0,2 m KH2PO4

Start der Reaktion: Zugabe von je 3 ml der Enzympräparation zu den Gläschen 1, 2, 3, 4, 7. Zu den Gläschen 5 und 8 wird eine im Wasserbad aufgekochte Enzympräparation gegeben.


Entnehmen Sie Proben zu den Zeiten:


1 ml Proben, testen Sie auf die Anwesenheit von Stärke.

Erhalten Sie mit der 0,01 m Glucose und der 0,01 m Glucose - 1 - Phosphat positive FEHLINGsche Reaktionen?

Wenn Sio etwas Kartoffelextrakt übrig haben, testen Sie ihn auf die Anwesenheit von Phenoloxydase. Beobachton Sie die Veränderung der Farbe. Geben Sie in einem Parallelansatz zu ca. 1 ml des Extrakts 1 ml der 0,1 m Askorbinsäure.

Finden Sie einen Unterschied?



Gekeimte Weizen - und Sonnenblumensamen

Homogenisieren Sie die gekeimten Samen (= pflanzliche Embryonen) unter Zusatz von einigen ml NaF. Können Sie in den Extrakten:

nachweisen?

Zeigen Weizen - und Sonnenblumenembryonen gleiches Verhalten?
Wenn Sie eine stärkeabbauende Aktivität nachweisen können: Ist es eine Amylase oder eine Phosphorylase?




© Peter v. Sengbusch - b-online@botanik.uni-hamburg.de