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Intrazelluläre Bewegungen; Cytoskelette



Schon im vorigen Jahrhundert wußte man, daß in Zellen Bewegungen ablaufen. Man unterschied zwischen ungerichteter Bewegung (verursacht durch BROWNsche Molekularbewegung) und gerichteter. Je nachdem, was sich bewegt, sprach man - und spricht man heute noch - z.B. von Plasmaströmung, Chloroplastenbewegung, saltatorischer Bewegung, Chromosomenverteilung während der Mitose und Meiose oder von freien Ortsbewegungen.

Hierzu zunächst nur die Stichworte amöboide Bewegung und Geißelbewegung. Viele der Bewegungsabläufe erfolgen als Reaktion auf einen externen Reiz (Licht, Wärme, Berührung usw.). Bei den gerichteten intrazellulären Bewegungen von Partikeln im Plasma sieht es meist so aus, als würde die Bewegung auf genau festgelegten Bahnen oder Schienen erfolgen.

Scheinbar unabhängig von den hier skizzierten Erscheinungen stellt sich die Frage nach der Struktur und der Form der Zellen. Zwar wird immer wieder gesagt, die Form der Pflanzenzelle sei durch die Zellwand vorgegeben, doch befriedigt diese Auskunft kaum noch. Betrachten wir dazu das bereits behandelte Plasmolyseexperiment:

Es ist unschwer erkennbar, daß die Protoplastenform nach Calcium-Ionenzugabe deutlich strukturiert ist, Hechtsche Fäden treten auf, und die Vakuole ist oft von Plasmasträngen durchsetzt. Würden nur die Gesetze der Hydrodynamik gelten, müßten der Protoplast und alle Vakuolen kugelig gestaltet sein. Die Membraneigenschaften allein genügen also nicht, die tatsächlich auftretenden, abweichenden Formen zu erklären.

Wo liegen nun aber die Gemeinsamkeiten von Form und Bewegung?

Die Antwort hierauf wurde in den letzten etwa 20 Jahren durch Untersuchungen an tierischen Zellen (bei denen die angeschnittenen Probleme noch klarer in Erscheinung treten) gegeben. Die wesentlichen Aussagen ließen sich in der Folgezeit auch an pflanzlichen Zellen verifizieren. Das wichtigste Ergebnis: Alle eukaryotischen Zellen verfügen über ein Cytoskelett. In tierischen Zellen wird bis zu einem Drittel des Gesamtproteins der Zelle hierfür aufgewandt.

Der Ausdruck Cytoskelett ist eigentlich unglücklich gewählt, da dieses keinem starren Bauplan unterliegt, in dem jedem Knochen ein Stammplatz zukommt. Vielmehr ist es eine Multifunktionsstruktur, die nach C. de DUVE (1984) besser durch die (in der wissenschaftlichen Literatur nicht etablierten!) Bezeichnungen Cytobones und Cytomuscles zu beschreiben wäre; denn zu seinen wesentlichen Merkmalen gehört die Eigenschaft des ständigen Auf-, Ab- und Umbaus. Es determiniert nicht nur die Form der Zellen und Formveränderungen, sondern bewirkt auch sämtliche intrazellulären Bewegungsabläufe, einschließlich der Bewegung der Zellen selbst. Es besteht aus zumindest drei voneinander unabhängigen Systemen, dem Mikrofilament- und dem Mikrotubulisystem sowie dem System der Intermediären Filamente.

Genannt seien auch das P-Protein, eine Besonderheit mancher Pflanzenzellen (vornehmlich der Siebzellen), und das Clathrin, ein Protein, das die Coated vesicles umgibt, die bei der Endozytose entstehen und deren Membrananteile dem Plasmalemma oder intrazellulären Membranen entnommen sind.

Mikrofilamente und Mikrotubuli haben etliches gemeinsam. Es sind Polymere aus globulären Proteinen (dem Aktin, respektive dem Tubulin). Das Polymerisationsvermögen ist reversibel, Polymerisation und Depolymerisation stehen in einem Gleichgewicht zueinander. Nichtaggregiertes, monomeres Aktin wird G-Aktin (globuläres Aktin), zu Mikrofilamenten polymerisiertes, F-Aktin (fibrilläres Aktin) genannt.

Tubulin ist ein Proteindimer, bestehend aus zwei einander ähnlichen Untereinheiten (alpha und beta). Zwischen Aktin und Tubulin sind auf Proteinebene keinerlei Homologien nachgewiesen worden. Beide Cytoskelettsysteme sind mit zahlreichen weiteren Proteinen assoziiert, die einerseits den Bewegungsablauf gewährleisten und an der dafür erforderlichen Energieumsetzung (ATP-Spaltung) beteiligt sind, und andererseits an der Regulation der Bewegung mitwirken. Wichtig wäre in diesem Zusammenhang die Frage nach dem Erkennen des auslösenden Signals (z.B. bei lichtinduzierter Bewegung) und seiner Umsetzung in die tatsächliche Bewegung. Mit dem Erkennen werden wir uns an anderer Stelle befassen, zur Signalweiterleitung an Cytoskettelemente gibt es derzeit nicht viel zu sagen


© Peter v. Sengbusch - b-online@botanik.uni-hamburg.de