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Biologische Übungen 1

Arbeitsmethoden und Fragestellungen in der Biologie


Biologie ist eine experimentelle Wissenschaft.

"....the biologist does not use distinctively biological tools : He is an opportunist who employs a nuclear magnetic resonance spectrometer, a telemetry assembly, or an airplane equipped for infrared photography, depending on the biological problem he is attacking ..."

(aus HANDLER: Biology and the Future of Man,1970)

zu deutsch : je vielseitiger man ist, desto besser.

In diesem Praktikum wollen wir einige einfache Methoden vorstellen und uns dabei bemühen, eine der wichtigsten Regeln eines Naturwissenschaftlers zu beachten: nämlich einen neuen Schritt erst dann zu vollziehen, wenn wir uns des vorangegangenen sicher sind. Im Praktikum werden Sie den Umgang mit zwei ,, komplizierten" Geräten kennenlernen: dem Mikroskop und dem Spektralphotometer, beiden ist gemeinsam, daß sie mit Licht arbeiten. Wenn Sie sich über die Kosten und die Logistik des Praktikumsaufbaus informieren möchte, wählen Sie: Kostenaufstellung.

Sie werden eine Reihe weiterer Techniken anwenden: färben, steril arbeiten, präparieren und die Ergebnisse quantitativ auswerten. Alle diese Methoden sind für uns natürlich nur Mittel zum Zweck. Wir wollen so viel wie möglich über unsere Versuchsobjekte erfahren.

Organismen sind aus Zellen aufgebaut. Es ist daher naheliegend, sich eingehend mit der Struktur und der Funktion der Zelle auseinanderzusetzen. Dieser Fragenkomplex läßt sich in eine Reihe von Einzelthemen untergliedern, mit denen wir uns im Praktikum beschäftigen werden

Aussehen einer Zelle.
Welche sichtbaren Komponenten enthält eine Zelle ?
Zellteilung.
Reaktionen von Zellen auf die Umwelt.
Spezialisierte Zellen: Zellverbände, Organe
Aufgaben von Organen.
Inhaltstoffe von Zellen: Biochemische Analyse
Wachstumskinetiken.
Erbänderungen - Mutationen.
Ökonomie des Zellstoffwechsels; Regulation.

Zur Beantwortung der genannten Themen brauchen wir nicht nur geeignete Methoden, sondern, was mindestens genau so wichtig ist, auch richtige Versuchsobiekte. Man muß die Wahl eines Versuchsobjektes genau begründen können.

Am ersten Praktikumsnachmittag werden Sie die Zellen der Zwiebelepidermis mikroskopisch untersuchen.

Begründung: Dieser Versuch wurde schon immer so gemacht und auch Ihre Kommilitonen, die an anderen Universitäten Biologie studieren, müssen das gleiche tun" - Das ist natürlich eine faule Ausrede. Selbstverständlich haben Universitätsdozenten und -assistenten immer wieder versucht, ein neues Objekt einzuführen, aber keine dieser "Neuerungen" hat sich durchsetzen können. Die Zwiebel bietet nämlich unschätzbare Vorteile

  1. Leicht und billig überall und immer zu bekommen, selbst für Lehrer auf dem Dorf und in der Großstadt.
  2. Die Präparationstechnik ist sehr einfach.
  3. Auch einem Anfänger wird ein Erfolgserlebnis garantiert.

Eine Aussage, die man an einem Objekt gewinnt, läßt sich nur dann extrapolieren, wenn man sie auch bei anderen Objekten verifizieren kann. Sie sollen sich deshalb im Praktikum nicht nur Zwiebelzellen anschauen, sondern auch menschliche (eigene) Zellen. Schließlich ist man an sich selbst ja mehr interessiert als an einer Zwiebel. Wie Sie aber sehen werden, ist der technische Aufwand zum Betrachten menschlicher - wie auch aller anderen tierischer - Zellen größer, als zum Erkennen einer pflanzlichen Zelle. Das ist auch der Grund, weshalb pflanzliche Objekte im Vordergrund der ersten Praktikumsnachmittage stehen werden.

Biochemische Untersuchungen werden wir an Leberzellen durchführen. Die Leber ist das bevorzugte Organ der Biochemiker, weil kein anderes Organ eines Vielzellers so stoffwechselaktiv ist, wie gerade die Leber. Pflanzliche Zellen eignen sich weit schlechter zum Nachweis von Eiweißen, Nukleinsäuren u.a.

Ein Praktikumsnachmittag dauert 4 Stunden. Wollen wir in dieser kurzen Zeit Vermehrungskinetiken von Zellen untersuchen, so brauchen wir solche, die sehr schnell wachsen - und darin sind Bakterien unschlagbar. Wir werden uns daher einige Nachmittage lang mit ihnen beschäftigen. Das Material für einige der Experimente werden Sie selbst mitbringen müssen: Bakterien können Sie z. B. aus Erde der näheren Umgebung isolieren.

Schnell wachsende Zellen müssen ökonomisch arbeiten. Wir werden sehen, was das bedeutet, und wie schnell sich Zellen auf neue Lebensbedingungen einstellen können. Damit haben wir den Problemkreis Ökologie angeschnitten. Ein weiterer Versuch, der über einige Wochen laufen wird, soll veranschaulichen, wie sich in einem abgeschlossenen Raum ein Gleichgewicht einstellt.

Und schließlich dürfen wir nicht vergessen, daß viele uns interessierende Organismen Vielzeller sind, denen ganz bestimmte Baupläne zugrunde liegen. Die Kenntnis von Bauplänen war die Voraussetzung zum Beweis der Evolution.

Diese Versuchsanleitung soll Sie, soweit es geht, in das experimentelle Arbeiten einführen. Sie ersetzt kein Lehrbuch. Es wird von Ihnen erwartet, daß Sie sich im Laufe des Studiums mit der gebotenen Materie viel intensiver auseinandersetzen als das hier der Fall sein kann. Es hat die Arbeit vieler Jahre und vieler Vorkenntnisse bedurft, um Experimente, wie Sie sie hier innerhalb von ca. 3 Stunden bequem nachvollziehen, zu entwerfen, und sie so durchzuführen, daß sie allen denkbaren Einwänden standhalten.

Der Versuch der "Induktion der Synthese eines Enzyms", welchen Sie am 11. Praktikumsnachmittag erarbeiten werden, wurde 1961 erstmalig beschrieben und hat seinen Autoren JACOB und MONOD 1965 den Nobelpreis für Medizin eingebracht.

Heute gehören die Schlußfolgerungen aus den Ergebnissen bereits zu den Lernzielen des verbindlichen Lehrplans für die Sekundarstufe II der Gymnasien im Lande NRW (und anderen Bundesländern).

Haben Sie bereits auf der Schule etwas hierüber gehört ?
Wenn ja, haben Sie den logischen Aufbau des Experiments in allen Schritten verstanden ?

Sie finden in der Versuchsanleitung die Versuchsabläufe genau geschildert. Sie finden Konzentrationsangaben, Mengenangaben, Zeitangaben u.s.w. Betrachten Sie diese Angaben als Richtlinien - aber nicht als unfehlbares Dogma.

In den Originalarbeiten, sowie in Methodenbüchern, Laboranleitungen etc. werden Sie gegebenenfalls andere Angaben finden. Wir haben Anregungen und unser Wissen natürlich auch aus solchen, allgemeinzugänglichen Quellen sowie aus Erfahrungen früher abgehaltener Pratika gesammelt. Einige Beschreibungen z.B. sind die verbesserte Version des Heidelberger Praktikums "Biologie für Mediziner". Aber wir haben kein Experiment aus der Literatur übernommen, ohne es vorher selbst durchprobiert zu haben. Wir können Ihnen somit versichern, daß die Versuche, so wie sie hier beschrieben werden, bei uns mit Erfolg gelaufen sind.

Es ist für einen Anfänger natürlich recht schwer, einzusehen, warum wir einmal mit einem 0,1 molaren Phosphatpuffer arbeiten, ein anderes Mal jedoch eine konzentrierte Lösung verwenden. Manches ist empirisch festgelegt und zur Gewohnheit geworden, aber nicht alles und es gibt keine Regel, welche Ihnen mit Gewißheit und in wenigen Worten sagt, welche Änderung erlaubt ist, ohne daß das Ergebnis eines Experiments in Frage gestellt würde. Man braucht gute Kenntnisse der physikalischen Chemie um abzuschätzen, welche Parameter man variieren kann.


Programm des Praktikums

Kusrsnachmittag und Thema

  1. Mikroskopie : Pflanzliche Zellen; Zellinhaltsstoffe (Stärke, Zellkern, Zellen der Mundschleimhaut).
  2. Protozoen, Eine "künstliche Amöbe"
  3. Mitose, Zellteilung; Sprossung von Hefezellen.
  4. Wasserhaushalt der Pflanze
  5. Kork und Holz
  6. Pflanzenfarbstoffe, Chromatographie
  7. Photometrie: Quantitativer Nachweis von Eiweiß
  8. Makromoleküle in Leberzellen
  9. Wachstum von Bakterien
  10. Isolierung von Bakterien aus dem Boden. Ein Artunterschied zwischen Escherichia coli und Bacillus subtilis
  11. Induktion der Synthese eines Enzym, Mutationen: Resistenz gegen Antibiotika.
  12. Blutgruppen, Antikörper.
  13. Bauplan der Vertebraten. Bau von Organen
  14. Bauplan eines Invertebraten


VORSICHT
Bei einigen Experimenten wird mit gefährlichen Chemikalien umgegangen, die gesundheitsgefährdend oder umweltgefährlich sind. Die an den entsprechenden Stellen dieser Kursanleitung gegebenen Hinweise sind unbedingt zu befolgen.

Unabhängig von den besonderen Gefahrenhinweisen ist bei jeglichem Umgang mit Chemikalien Vorsicht am Platz. Jede (Original-) Chemikalienflasche enthält gegebenenfalls Gefahrensymbole (orangefarbenes Quadrat mit entsprechendem Piktogramm) sowie Hinweise für den Umgang in Form der R- und S-Sätze. Die Bedeutung dieser Hinweise ist dem im Kursraum ausliegenden Gefahrstoffverzeichnis zu entnehmen.

Die persönlichen Schutzmaßnahmen sind in den Unfallverhütungsvorschriften festgelegt: Bei der Arbeit im Labor ist Schutzkleidung zu tragen (Laborkittel). Im Labor darf nicht gegessen/getrunken/geraucht werden. Beim Umgang mit gefährlichen Chemikalien sind zusätzliche Schutzmaßnahmen notwendig: Benutzung von Handschuhen, Schutzbrillen bei ätzenden Chemikalien; Arbeit unter einem Abzug, wenn Chemikalien die Atemwege reizen. Im Zweifelsfalle immer die Kursbetreuer fragen, wenn die Bedeutung von Gefahrenhinweisen unklar ist! Weitere Einzelheiten erfahren Sie an anderer Stelle

Die in den Kursexperimenten verwendeten Organismen gelten als nicht pathogen. Trotzdem ist Vorsicht angebracht, da z. B. bei Infektion offener Wunden allergische Reaktionen auftreten können. Direkter Hautkontakt mit biologischem Material, insbesondere lebenden Mikroorganismen, ist daher zu vermeiden. Vor Verlassen des Kursraumes empfiehlt es sich, die Hände mit Desinfektionslösung zu waschen.


© Peter v. Sengbusch - b-online@botanik.uni-hamburg.de