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3.03. Oxydation - Reduktion; Dehydrogenasen, Atmung (I), Atmungskette


bitte mitbringen:

Objektträger
Deckgläser
Vollmilch (ca. 100 ml), Buttermilch (ca. 100 ml)
ein Stück Leber
gekeimt. Erbsen ca. 100 g (4 Tage vor dem Praktikumstag ansetzen)
Erbsen (trocken)
Filzschreiber (wasserunlöslich !)

Sie finden am Arbeitsplatz oder unter dem Abzug:

Geräte

Wasserbad, eingestellt auf 37°C
Beckman - Spektralphotometer ED 1204
Mikroskop
Vorrichtung zur Bestimung des CO2 - Gehalts in der Atemluft (MÜLLERsches Ventil)
Belüftungsanlage
Versuchsrohr mit Belüftungsrohr (auf Stativ)
Zentrifuge
Heizplatte (Magnetrührer)
Vortex- Rührer

Glassachen und Diverses:

Gestell mit Reagenzgläsern
Gestell (leer)
Gestell mit Zentrifugengläsern
Metallgestell mit kleinen Testgläschen
Metallgestell (leer)
2 Glasküvetten (45 x 8,5 x 65 mm)
Pipetten 5 ml
Pipetten 1 ml
Pipettenbüchsen
Holzkasten zur Aufnahme der Pipettenbüchsen
Pasteurpipetten mit Hütchen
Kleenex - Tücher
Papierhandtücher
Parafilm
Eisbehälter mit Eis
2 Meßzylinder (250 ml)
Mörser und Pistill
Becherglas ( 2 l, Plastik, für Abfälle )
Filterpapier
2 Bechergläser (250 ml)

Chemikalien:

Formaldehyd (0,5%ig)
Acetaldehyd (0,5%ig)
Urethanlösung (50%ig)
Phosphatpuffer (0.05 m; pH 7.0): am pH- Meter eingestellt, Stammlösungen 0,05 m K2HPO4, 0,05 m KH2PO4)
Methylenblau (0,02%ig)
Rinderblut
Natriumdithionit (Na2S2O4: 3%ig) nur 1 Tag haltbar
Kaliumhexacyanoferrat (II) (gelb) K2[Fe (CN)6]: gesättigte Lösung
Kaliumhexacyanoferrat (III) (rot) K3[Fe (CN)6]: gesättigte Lösung
Kaliumcyanidlösung (0,05%ig)
Seesand
Pyridin
physiol. NaCl
1 n NaOH
alkoholische Phenolphthaleinlösung (1%ig)
Aqua dest. (Spritzflasche: grüne Markierung)
0,05 m Na-succinat
0,05 m Na-malonat
0,05 m Na-malat
0,05 m Oxalsäure
0,05 m Na- pyrophosphat
Cystein (0.5%ig in 0.1 m Na - acetatpuffer pH 6.5 - 7,0): Stammlösung: 0,1 m Na - acetat am pH- Meter mit 0,1 m Eisessig auf den vorgeschriebenm pH- Wert eingestellt
FeSO4 x 7 H2O: 200 mg
KCN (fest): Spatelspitze: Ausgabe durch den Praktikumsassisten

gemeinsam zu benutzen:

Waagen
Pipettenstutzen, Wannen: zur Ablage benutzter Glassachen


VORSICHT
In diesem Experiment wird mit gefährlichen Chemikalien umgegangen:


Natronlauge verursacht schwere Verätzungen. Sie darf nicht in die Hände von Kindern gelangen. Bei Berührung mit den Augen gründlich mit Wasser abspülen und Arzt konsultieren. Beschmutzte, getränkte Kleidung sofort ausziehen. Bei der Arbeit geeignete Schutzhandschuhe und Schutzbrille/Gesichtsschutz tragen.
Formaldehyd: Giftig beim Einatmen, Verschlucken und Berührung mit der Haut, verursacht Verätzungen, irreversibler Schaden und Sensibilisierung durch Hautkontakt möglich.Schutzkleidung und Schutzbrille / Gesichtsschutz tragen.Bei Berührung mit den Augen gründlich mit Wasser abspülen und den Arzt konsultieren. Zum Löschen Pulberlöschmittel verwenden.
Acetaldehyd: Hochentzündlich, .reizt die Augen und die Atemorgane, irreversibler Schaden möglich Von Zündquellen fernhalten - Nicht rauchen, Gas / Rauch / Dampf / Aerosol nicht einatmen, Geeignete Schutzhandschuhe tragen
Natriumdithionit: Kann Brand verursachen, gesundheitsschädlich beim Verschlucken, entwickelt bei Berührung mit Säure giftige Gase. Bei Berührung mit den Augen gründlich mit Wasser abspülen und den Arzt konsultieren, bei Berührung mit der Haut sofort mit viel Wasser abwaschen
Kaliumcyanid: Sehr giftig beim Einatmen, Verschlucken und Berührung mit der Haut, entwickelt bei Berührung mit Säure sehr giftige Gase, Behälter dicht geschlossen halten, Substanz nicht in die Kanalisation gelangen lassen. Bei Unfall oder Unwohlsein sofort Arzt hinzuziehen (wenn möglich, dieses Etikett vorzeigen)
Pyridin: Leichtentzündlich, gesundheitsschädlich beim Einatmen, Verschlucken und Berührung mit der Haut, bei Berührung mit den Augen gründlich mit Wasser abspülen und den Arzt konsultieren. Bei Berührung mit der Haut sofort mit viel Wasser abwaschen



Theoretische Grundlagen

Oxydation und Reduktion, Dehydrierung und Hydrierung gehören zu den bedeutendsten Reaktionsmechanismen in der Zelle. Diese Reaktionen werden durch Oxydoreduktasen und Dehydrogenasen katalysiert.

Oxydation und Reduktion beschreiben einen Elektronenfluß. Beide Phänomene sind unmittelbar miteinander verknüpft. Eine Substanz kann nur dann oxydiert werden, wenn eine andere reduziert wird. In jeder Oxydations - Reduktions - Reaktion ist somit die Oxydation von einer äquivalenten Reduktion begleitet und umgekehrt. Da hierbei Elektronen wandern, kann man jeder Redox - Reaktion ein elektrisches Potential zuschreiben. Mehr darüber später. Oxydation bedeutet: entfernen von Elektronen aus Atomen oder Atomgruppen. Reduktion heißt: Elektronenaufnanme. Einige Beispiele

1. 2 Na + Cl2 > 2 Na+ Cl-
Na wird durch Cl oxydiert, Cl durch Na reduziert. Ein Atom oder Molekül, das Elektronen aufnimmt, bezeichnet man als Oxydationsmittel, eines, das Elektronen abgibt, ein Reduktionsmittel. Oxydations- und Reduktionsmittel zusammen bilden ein Oxydations - Reduktionspaar (Redoxpaar).

2. 2 H2 + O2 >2 H2O
O2 - Aufnahme entspricht (und bedeutet) Oxydation, ebenso die Abgabe von Wasserstoff, etwa in der Reaktion

3. CH3CH2OH > - 2 H > CH3COH (Äthanol > Acetaldehyd)
Das entsprechende Produkt enthält weniger Wasserstoff als das Ausgangsprodukt, es ist dehydriert, das bedeutet somit auch, daß Dehydrierung ein Spezialfall einer Oxydation ist.

4. Das klassische, in fast allen Lehrbüchern zitierte Redoxgleichgewicht ist das Chinon - Hydrochinon - System

Chinon nimt 2 Elektronen (e-) auf, es wird somit reduziert. Die Verteilung der Doppelbindungen im Ringsystem wird somit verändert. Die hierdurch entstehende Zwischenverbindung kann durch Aufnahme von 2 Protonen (H+ Ionen) stabilisiert werden. Man erhält ein Hydroxychinon (> Phenol). Da an dieser Reaktion Protonen beteiligt sind, ist das Gleichgewicht zwischen reduzierter und oxydierter Verbindung pH- abhängig. Die Reaktion ist zudem reversibel. Es ist zum Verständnis von Redoxphänomenen und von Hydrierungen / Dehydrierungen wichtig, die hier beschriebenen Teilschritte gedanklich auseinanderzuhalten,

auch wenn die Zwischenstudien nicht oder nur kurzzeitig existieren können.

Am letzten Praktikumsnachmittag haben wir über Säuren und Basen gesprochen. Nach BRONSTED läßt sich eine Säure - Base - Reaktion je wie folgt darstellen

dementsprechend ist eine Oxydations - Reduktions - Reaktion wie folgt darstellbar

Elektronendonor < > e- + Elektronenakzeptor

Die Trennung dieser beiden Phänomene ist gerade in der Biologie deshalb wichtig, weil es eine Abgabe oder Aufnahme von Elektronen ohne Protonenwechsel geben kann. Beispiel: reversible Oxydationen in der Atmungskette und bei der Photosynthese. Das gilt auch für unser folgendes Beispiel:

5. Valenzwechsel von Ionen.

Der Valenzwechsel beruht ausschließlich auf Zunahme der positiven Ladung oder Abnahme der negativen Ladung

Bei der Dehydrierung und beim Valenzwechsel braucht O2 nicht beteiligt zu sein. FeII geht in alkalischer Lösung durch Luftsauerstoff sehr leicht in FeIII über:

4 FeII(OH)2 + O2 + H2O > 4 FeIII(OH)3

Der gleiche Vorgang kann jedoch auch ohne O2 ablaufen, z. B.:

2 FeII + Cl2 > 2 FeIII + 2 Cl-

Die Oxydation von FeII durch O2 kann wie folgt formuliert werden

2 Fe++ + O > 2 Fe+++ + O--

O-- vereinigt sich sofort mit einem Proton und gibt ein Hydroxylion.

O-- + H2O > 2 OH-

Die genannten Beispiele sollen andeuten, daß der oxydierende Stoff die Elektronen, die er aufnimt, fester bindet als der oxydierte Stoff, weil es sonst einen Elektronenfluß gar nicht geben könnte. Die verschiedenen sich gegenseitig oxydierenden und reduzierenden Stoffe lassen sich daher in einer Reihe wachsender Elektronenaffinität ordnen. In dieser Reihe kann jedes Glied durch das nachfolgende oxydiert, durch das vorangehende reduziert werden. Das klassische Beispiel in der Biologie hierfür ist die Atmungskette.
Noch ein Beispiel: Chlor entzieht vielen Stoffen Elektronen. Somit wird seine äußere Elektronenschale vervollständigt (7 > 8). Das so entstandene Oktett besitzt eine so hohe Stabilität, daß es eines beträchtlichen Energieaufwandes bedarf, um ein Elektron daraus zu entfernen. Umgekehrt ist z. B. im Natrium das einzelne Elektron der äußeren Schale nur schwach gebunden und kann leicht entfernt werden. Natrium wirkt daher fast immer als Reduktionsmittel. Unter den organischen - und für die Biologie wichtigen - Stoffen gibt es sehr viele, die eine mittlere Stellung einnehmen. Der Übergang im Reduktions- (Oxydations)- Zustand einer Verbindung läßt sich als eine Änderung des elektrochemischen Potentials unter geeigneten Bedingungen als elektrisches Potential (in Volt) messen.
Das bekannteste Beispiel einer Reihe abgestufter Oxydationswirkungen (in der anorg. Chemie) ist die sog. Spannungereihe der Metalle, "unedle" Metalle wirken ,,edleren" gegenüber als Reduktionsmittel. Ein Eisenstab, den man in eine CuSO4 - Lösung taucht, überzieht sich mit metallischem Kupfer, weil Cu++ durch das Eisen, das dabei in Fe++ übergeht, zum Metall reduziert wird.
Trennt man 2 Salzlösungen ( z.B. CuSO4 und ZnSO4) gleicher Molarität durch eine semipermeable Membran, und taucht in die Zn++ - Lösung einen Cu - Stab, so kann man zwischen den beiden Kompartimenten eine Potentialdifferenz messen. (= DANIELLIsches Element). Der Strom fließt vorn Cu zum Zn.

Cu++ + Zn > Cu + Zn++

Die Spannung zwischen beiden Elektroden ist proportional zur Tendenz der Elektronen, von der Elektronenschale des Zn in diejenige des Cu überzugehen. Jedem Elektronenfluß liegt eine bestimmte chemische Reaktion zugrunde. In dem genannten Beispiel wird ein Metall zum Ion oxydiert, während ein anderes Metallion zum Metall reduziert wird. Aus dem gesagten läßt sich ableiten, daß es möglich ist, zwischen jedem oxydierbaren Stoff und einem geeigneten Oxydationsmittel ein spezifisches elektrisches Potential (eine Spannung) zu messen.

In der Praxis verwendet man dazu eine Elektrode aus nicht angreifbarem Material (Gold oder Platin). Man kann davon ausgehen, daß die Arbeit des elektrischen Stroms der Änderung der freien Energie der sich abspielenden chemischen Reaktion proportional ist. Um einen Referenzpunkt zu erhalten, hat man sich darauf geeinigt, der Wasserstoffelektrode das Potential 0 zuzuordnen. Es handelt sich hierbei um eine von Wasserstoff umspülte Platinelektrode, die bei 25°C in eine 1,184 m HCl (pH = 0) eintaucht. Aus praktischen Gründen verwendet man oft eine Ag / AgCl - Elektrode (oder eine Hg / HgCl - Elektrode), die gegenüber der Platinwasserstoffelektrode ein reproduzierbares Bezugspotential hat.
Als Normalpotential E0 bezeichnet man das Potential einer 1 m wässrigen Lösung der betreffenden Redox - Verbindung unter Normaldruck pH = 0 und 25°C gegen die Normalelektrode. In der Biologie werden jedoch aus praktischen Erwägungen heraus die Standardpotentiale bei pH 7 angegeben. So wie die HENDERSON - HASSELBALCH - Gleichung die quantitative Beziehung zwischen der Dissoziationskonstanten einer Säure, dem pH- Wert und den Konzentrationen von Protonendonor und -akzeptor wiedergibt, beschreibt eine ähnliche Gleichung - die NERNSTsche Gleichung - die Beziehung zwischen dem Standard - Reduktionspotential (Normalpotential) eines gegebenen Redoxpaares, dem beobachteten Potential und dem Konzentrationsverhältnis von Elektronendonor und -akzeptor. Die NERNSTsche Gleichung kann man in ihrer allgemeinen Form wie folgt formulieren

Bei 25°C ergibt der Ausdruck

2,3 R T / n F den Wert 0,059 für n = 1 und 0,03 für n = 2

Da in biologischen Redox - Paaren in der Regel jeweils 2 Elektronen übertragen werden, kann nan die NERNSTsche Gleichung in der vereinfachten Form darstellen:

E = E'0 + 0,03 log [Elektronenakzeptor] / [Elektronendonor].

Mathematisch ist die NERNSTsche Formel durch eine Titrationskurve zu beschreiben. Das Normalpotential entspricht dem Wendepunkt der Kurve, dann ist nämlich

E = E'0

Das Normalpotential ist somit analog vergleichbar mit dem pK- Wert eines Säure- / Basen - Gleichgewichts. Während Titrationen von Säure und Basen leicht experimentell durchführbar sind, trifft das für Redoxvorgänge nicht zu. Da der Elektronenfluß relativ langsam ist, bedarf es in der Regel Katalysatoren, um Reduktionsmittel und Oxydationsmittel in ein Gleichgewicht zu bringen. Das ist auch die Ursache dafür, daß es in der Zelle zahlreiche Enzyme gibt, welche Redox - Reaktionen katalysieren, aber, daß es keine Enzyme gibt, die Dissoziationsvorgänge beschleunigen.
Es gibt drei große Gruppen von Oxydations - Reduktions - Enzymen. Allen ist gemeinsam, daß sie aus einer Proteinkomponente und einem Coenzym bestehen. Das Coenzym ist ein "kleines Molekül", an dem jedoch die eigentliche katalytische Reaktion abläuft.

1. Das Coenzym enthält ein Pyridinderivat (Nicotinamid):

NAD+ oder NADP+.

Katalysiert werden folgende Reaktionen

Reduziertes Substrat + NAD+ < > oxydiertes Substrat + NADH + H+ oder
Reduziertes Substrat + NADP+ < > oxydiertes Substrat + NADPH + H+

Wir werden uns mit diesem Reaktionstyp am kommenden Praktikumsnachmittag ausführlich auseinandersetzen.

2. Das Coenzym ist ein Flavinderivat.

Es besteht aus Flavinadenindinukleotid (FAD) oder Flavinmononukleotid (FMN). Die Succinat - Dehydrogenase, mit der wir es heute noch zu tun haben werden, enthält FAD als Coenzym.


3. Eisen - enthaltende Porphyrinringsysteme (Hämine).

In diese Gruppe gehören die Cytochrome, das sauerstoffübertragende Hämoglobin, das Myoglobin u.a.


Oxydation und Reduktion von eisenenthaltenden Porphyrinringsystemen - (Hämin)

An der Atmungskette sind Cytochrome beteiligt, welche Eisen als Zentralatom in ihrem Porphyrinring enthalten. Im Praktikum können wir uns die Funktion der Atmungskette an einem Modell veranschaulichen (BAUMANNscher Versuch). Wir verzichten dabei auf den Porphyrinring und den Proteinanteil des Cytochroms, an den der Ring gebunden ist.

Fe++ Ionen können die Oxydation von Cystein zum Cystin oxydieren. Es handelt sich hierbei um eine Autoxydation und es entsteht eine -S-S- Bindung. Solche -S-S-Bindungen (auch S-S-Brücken genannt) tragen bei vielen Proteinen zur Stabilisierung der Tertiärstruktur bei.

2 -SH < > -S-S- (E'0 = + 0,08 V), Cystein ist somit ein H+ - Donor.

Der H+ - Akzeptor ist in unserem Fall Sauerstoff

1/2 O2 < > O-- (E'0 = + 1,23 V)

Gleichzeitig werden jedoch vom Cystein auch Elektronen abgegeben,es ist somit ein Reduktionsmittel. Die Elektronen werden von FeIII aufgenomen. Das Eisen wird zu FeII oxydiert.

FeIII < > FeII(E'0 = + 0,75 V)

Das FeII wird unter Elektronenanbgabe wieder zu FeIII reduziert. Es ist somit ein Katalysator der Cystein- Oxydation. Experimentell ist die Reaktion leicht zu verfolgen, weil FeIII mit Cystein einen blauviolett gefärbten Komplex bildet. Ein Komplex FeII mit Cystein existiert auch, ist aber farblos. Wie das Reaktionsschema zeigt, läuft die Reaktion

Farbiger Komplex < > Farbloser Komplex

reversibel ab. Wenn O2 verbraucht ist, wird das Eisen in FeII überführt (> farblos). Einleitung von Sauerstoff in das Reaktionsgemisch führt zu FeIII (> blauviolett). Der Vorgang kann viele Male hintereinander wiederholt werden, bis das eingesetzte Cystein vollständig verbraucht ist. Bläst man kontinuierlich Luftsauerstoff in das Reaktionsgemisch ein, bleibt die Färbung erhalten, obwohl sich "das Rad permanent dreht". Man kann die Reaktion abbrechen, indem man das Fe blockiert. Cyanid bildet mit Fe einen sehr stabilen Komplex. Damit wird der Elektronentransport unterbrochen, die Reaktion kommt zum Stillstand. Auf dieser Reaktion beruht auch die starke Giftwirkung des Cyanids.


Sauerstoffübertragung durch Hämoglobin

In einem Häminmolekül sind 4 der 6 Valenzen (Koordinationszahl 1 : 6) des Eisens mit dem planaren Ringsystem komplexiert. Während die beiden übrigen senkrecht dazu stehen. X ist im Hämoglobin und im Myoglobin eine Imidazolgruppe (der Aminosäure Histidin). Die 6. Valenz des Eisens ist somit frei (und kann somit Sauerstoff , CO, Cyanid u.a. ) binden. Der Komplex mit dem O2 ist weniger stabil, als der mit CO oder Cyanid, die beiden letzten sind deshalb starke Atemgifte. Bei der Aufnahme des Sauerstoffs wird die Valenz des Eisens nicht geändert. Sowohl in der Oxyform (Oxyhämoglobin) wie auch in der Deoxyform (Deoxyhämoglobin) liegt das Fe als FeII vor. Man kann daher bei der Sauerstoffabgabe nicht von Reduktion sprechen.

Selbstverständlich ist es auch beim Hämoglobin möglich, FeII in FeIII zu überzuführen. Man erhält Methämoglobin. Die Reaktion ist nur bedingt reversibel. Sie kann durch eine stark oxydierende Substanz, wie z. B. das Ferricyanid: K3[Fe (CN)6] ausgelöst werden. Im Gegensatz zum Hämoglobin (und Myoglobin) tritt beim Elektronentransport durch Cytochrome (in der Atmungskette) ein Valenzwechsel des Eisens ein, d. h. das Eisen im Porphyrinring wirkt im Cytochromen als Elektronenträger, während es beim Hämoglobin Sauerstoff als Liganden aufnimmt. Im reduzierten Hämoglobin ist die Valenz des Eisens durch H2O besetzt (Ausbildung einer - H - Brücke), welches beim Übergang in Oxyhämoglobin durch O2 verdrängt wird. Der Sauerstoff kann dem Hämoglobin entzogen werden, z. B. experimentell sehr einfach durch ein starkes Reduktionsmittel, wie Na2S2O4. Man erhält Deoxyhämoglobin. Die unterschiedlichen Zustandsformen des Hämoglobins lassen sich spektroskopisch eindeutig identifizieren
Zusatz von K2[Fe (CN)6] (Ferrocyanid) führt zur Anlagerung ohne Valenzwechsel. Die Reaktion ist reversibel (z. B. durch Na2S2O4 rückgängig zu machen)
Die Veränderung des Zustandes des Eisens im Porphyrinring kann spektroskopisch verfolgt werden.
Sie sollen im Praktikum die verschiedenen Übergänge prüfen und zwar

  1. mit Blut (also Hämoglobin in intakten Zellen-Erythrozyten)
  2. mit freiem Hämoglobin (lysierte Erythrozyten)
  3. mit dem Häminring (Sie haben Hämin ja am ersten Praktikumsnachmittag isoliert).

Hämin ist in Wasser nicht löslich. Es löst sich jedoch in organischen Basen, z. B. Pyridin.


Dehydrogenasen

Ein Thema, das sich in den nächsten Praktikumsnachmittag hineinziehen wird. Wir werden uns heute nur mit den Flavin - abhängigen Dehydrogenasen befassen. FAD und FMN wurden Mitte der dreißiger Jahre von O. WARBURG und R. KUHN isoliert und in ihrer Struktur aufgeklärt. Ein Bestandteil des FAD ist das Riboflavin (= Vitamin B2). Zwei FAD- haltige Enzyme werden wir heute kennenlernen

  1. Die Xanthin - Dehydrogenase aus Milch
  2. die Succinat - Dehydrogenase, welche man in jeder atmenden Zelle findet (wir weisen die Aktivität in Leber nach).

Nachweis der Aktivitäten

Das reduzierte FAD kann oxydiert werden und Protonen abgeben, sofern ein geeigneter Elektronenakzeptor vorliegt. Hierfür eignen sich reduzierbare Farbstoffe außerordentlich gut, weil wir deren Reaktion durch einen Farbumschlag leicht beobachten können. Hierfür eignen sich z.B.:

Methylenblau (E'0 = + 0,01 V)
2, 6 Dichlorphenolindophenol (E'0 = + 0,22 V)
Safranin (Janusgrün B)

und viele andere. Im Praktikum werden wir nur mit den 3 hier genannten arbeiten. Diese ,,künstlichen" Akzeptoren sind für eine quantitative Bestimmung der Aktivität von FAD - Dehydrogenasen außerordentlich nützlich.

Xanthin - Dehydrogenase in Milch

Xanthin - Dehydrogenase ist ein Enzym mit relativ geringer Substratspezifität. Es überträgt Wasserstoff von z. B. Formaldehyd oder Acetaldehyd auf einen geeigneten Akzeptor. Wir verwenden im Praktikum Methylenblau. Der Test ist sehr einfach und hat praktische Bedeutung in der Milchwirtschaft. Da Enzyme hitzeempfindlich sind, erlaubt uns dieser Test, zwischen gekochter und ungekocht Milch zu unterscheiden.
Xanthindehydrogenase ist durch Urethan, nicht aber durch Cyanid hembar. Tritt auch ohne Aldehydzusatz eine Entfärbung auf, so ist dieses auf die Aktivität anderer Dehydrogenasen (aus Milchsäurebakterien !) zurückzuführen. Ein Zeichen, daß die Milch beginnt, schlecht (sauer) zu werden. Das Sauerwerden kann natürlich auch beabsichtigt werden (> Buttermilch, Joghurt u.a.)

Succinat- Dehydrogenase

Wir arbeiten mit dem gleichen Verfahren, wie beim letzten Versuch. Succinat- Dehydrogenase katalysiert den Schritt

Succinat > Fumarat

Eine Reaktion, die im Citratzyklus vorkomt. Sie ist durch eine Reihe, dem Succinat ähnlicher Stoffe kompetitiv hemmbar,


Atmung (MÜLLERsches Ventil)

An dieser Stelle nur eine kurze Bemerkung. Als Endprodukt der Atmung entsteht CO2. In einigen simplen Versuchen am Rande soll CO2 in der ausgeatmeten Luft nachgewiesen werden. CO2 fängt -OH- Ionen ab. Deshalb entfärbt sich Phenolphthalein, welches man einer schwachen NaOH-Lösung zusetzt, beim Einleiten von CO2.
Sie messen im Praktikum qualitativ das CO2 in der eigenen Atemluft und der Atemluft keimender Erbsen.


EXPERIMENTELLER TEIL

1. BAUMANNscher Versuch

Füllen Sie das bereitstehende Versuchsrohr (mit Belüftungsrohr) mit der Cysteinlösung und geben Sie 0,2 g Fe2SO4 hinzu (diese Menge finden Sie, bereits abgewogen, am Arbeitsplatz ).
Wenn das Fe2SO4 gelöst ist, schließen Sie das Versuchsrohr an die Belüftungsanlage an. Leiten Sie solange Luft ein, bis eine Färbung auftritt, stellen Sie sie dann ab, warten Sie erneut auf einen Farbumschlag und wiederholen Sie das einige Male. Nachdem Sie das paarmal wiederholt haben, leiten Sie permanent Luft ein.

Wie lange dauert es, bis die Reaktion zum Stillstand kommt?
Treten unerwartete Phänomene ein? Wenn ja, wie erklärbar?

Neuer Ansatz wie oben. Stoppen Sie die Reaktion vorzeitig durch Zugabe von KCN ab (Ausgabe durch den Assistenten, Arbeiten unter dem Abzug).


2. Hämoglobin

Verdünnen Sie ca. 1 ml Blut mit ca. 15 - 20 ml

a) physiologischer NaCl
b) Wasser

Setzen Sie mit jeder der Proben Ansätze an : 5 ml Blut und einige Tropfen von:

a) K2[Fe(CN)6]
b) K3[Fe(CN)6]
c) Na2S2O4

Welche Farbe haben die 8 Proben?

Schütteln Sie die mit Na2S2O4 reduzierte Probe kräftig. Können Sie sie reoxydieren?

In welchen Wellenlängenbereichen absorbieren die Proben Licht?

Prüfen Sie die Frage mit Hilfe des Spektralphotometers. Bilden Sie das Spektrum auf der Frontplatte des Photozellengehäuses ab. Stellen Sie Ihre Proben in einer Küvette in den Strahlengang.
In welchen Bereichen finden Sie eine Lichtauslöschung Extinktion?

Hämin

Lösen Sie einen Teil Ihrer Probe in 5 ml Pyridin (Vorsicht Gift), so daß eine deutliche Rotfärbung auftritt. Geben Sie

Na2S2O4
K3[Fe(CN)6] hinzu.

Entspricht die Reaktion der, die Sie mit intaktem Hämoglin gefunden haben?
Betrachten Sie eine Aufschlämmung der Häminkristalle in Wasser unter dem Mikroskop. Wie sehen die Kristalle aus Ist das Präparat einheitlich, oder enthält es Verunreinigungen?
Gibt es Unterschiede in der Reaktionsweise von

Hämoglobin (in der Zelle)?
freiem Hämoglobin (Hämgruppe an Protein gebunden) und
freiem Hämin (gelöst in Pyridin )?


3. Xanthin - Dehydrogenase

In 6 Reagenzgläser werden gemäß nachstehender Tabelle die folgenden Komponenten pipettiert. Zuletzt wird rohe Milch bzw. gekochte Milch hinzugegeben. (> Start durch Enzymzugabe). Alle Ansätze werden nach gutem Mischen (mit dem Vortex Rührer) in das 37°C Wasserbad gestellt.

 
Probe
Zusätze
1
2
3
4
5
6
Acetaldehydlösung*
1 ml
-
1 ml
1 ml
1 ml
1 ml
Methylenblau
1 ml
1 ml
1 ml
1 ml
1 ml
1 ml
Urethan
-
-
-
-
2 ml
-
Cyanid
-
-
-
-
-
1 ml
Phosphatpuffer
10 ml
1 ml
1 ml
1 ml
1 ml
1 ml
Milch (roh)
-
10 ml
10 ml
-
10 ml
10 ml
Milch (gekocht)
-
-
-
10 ml
-
-

* Formaldehyd; in einem Parallelansatz Acetaldehyd.

Setzen Sie einen weiteren Parallelansatz mit Buttermilch statt mit Vollmilch an. Beobachten Sie die Reaktionsansätze fortlaufend. Treten Farbveränderungen auf?

Wenn ja, wie lange dauert es bei den einzelnen Proben bis zum Farbumschlag ?
Tritt die Verfärbung gleichmäßig in allen Bereichen des Reaktionsgemisches auf?
Schütteln Sie eine entfärbte Probe kräftig. Was geschieht?

Stellen Sie die Probe anschließend wieder ins Wasserbad zurück.


4. Succinat - Dehydrogenase

Homogenisieren Sie ein kleines Stück Leber mit Seesand in ca. 20 ml Phosphatpuffer. Zentrifugieren Sie das Homogenat (5 min.; max. Geschw.). Der Überstand ist Ihre Enzympräparation.

Versuchsansatz

Probe

 
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Phosphatpuffer 4 ml 2 ml 2 ml 2 ml 2 ml 2 ml - - - -
Succinat   2 ml         2 ml 2 ml 2 ml 2 ml
Malonat     2 ml       2 ml      
Malat       2 ml       2 ml    
Oxalat         2 ml       2 ml  
Pyrophosphat           2 ml       2 ml
Methylenblau 2 ml 2 ml 2 ml 2 ml 2 ml 2 ml 2 ml 2 ml 2 ml 2 ml
Leberextrakt 0,5 ml 0,5 ml 0,5 ml 0,5 ml 0,5 ml 0,5 ml 0,5 ml 0,5 ml 0,5 ml 0,5 ml

Start der Reaktion durch Enzymzugabe. Stellen Sie die Proben nach dem Mischen ins Wasserbad.

Wo treten Verfärbungen auf?


5. Atmung

Anordnung 1: MÜLLERsches Ventil.
Füllen Sie jedes Rohr mit je 75 ml H2O und 5 ml n / 100 NaOH. Geben Sie einige Tropfen Phenolphthalein hinzu: Rotfärbung. Wieviele Atemzüge sind nötig, um das Phenolphthalein zu entfärben?


Anordnung 2 : Füllen der senkrecht stehenden Röhre wie bei (1).
Wiegen Sie die gekeimten Erbsen und bringen Sie sie in das waagerechte Versuchsrohr. Blasen Sie mit dem Blasebalg Luft durch. Wie lange dauert es, bis sich eine der Phenolphthaleinlösungen entfärbt hat? Wiederholen Sie das Experiment mit trockenen Erbsen
In welchem Rohr schläft die Farbe um? Deutung.



© Peter v. Sengbusch - b-online@botanik.uni-hamburg.de